Full text: Fuchs, Eugen: ¬Das Wesen der Dinglichkeit

Praktische Konsequenzen. 
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reine Tradition erworben wird, und der zudem noch die feine Unter 
scheidung verwischt, welche die scharf beobachtenden römischen Juristen 
zwischen dem sich selbst zusammenhaltenden Naturganzen und den 
anderen lediglich durch das wirthschaftliche Bedürfniß geeinten Sach 
gesammtheiten machen.!) 
§. 10. 
Nießbrauch, Pfandrecht und Eigenthum an Rechten. 
Geht man mit den Motiven von der Auffassung aus, daß 
Dinglichkeit reale Macht ist, und daß daher, weil über Sachgesammt 
heiten und Rechte sich eine reale Macht nicht üben lasse, dingliche 
Rechte nur an Sachen im eigentlichen Sinne, d. h. an körperlichen 
Dingen möglich sind, dann darf es einen Nießbrauch und ein 
Pfandrecht an Rechten nicht geben und die Aufnahme beider Insti 
tute in das Sachenrecht ist eine Anomalie. Schon das muß an der 
Richtigkeit des Dinglichkeitsbegriffs stutzig machen, weil ein Begriff 
mit einer Ausnahme kein Begriff mehr ist. Der Entwurf begnügt 
sich mit der Bemerkung,2) daß, da die engere Auffassung des Sach 
begriffs eine Ausdehnung der Vorschriften über den Sachnießbrauch 
auf den Nießbrauch an Rechten ausschließe, die Bestellung eines 
Nießbrauchs an Rechten, um dieselbe zu ermöglichen, ausdrücklich 
(als positive Vorschrift) zugelassen werden müsse; die Frage, ob man 
ein Recht als Gegenstand eines Rechts ansehen könne, wie eine 
Sache oder eine Person (oder die Handlungen einer Pekson), sei 
theoretischer Natur und könne dahin gestellt bleiben... 
—.— 
*) Auch Dernburg, Pandekten I §. 68 N. 8 charakterisirt die Unter 
scheidung von Naturganzen und anderen Sachgesammtheiten als ein „absonderliches 
Resultat". Ihm ist die vindicatio gregis ein Ueberbleibsel aus der Zeit der 
Legisaktionen, die sich über den hier in Frage kommenden begrifflichen Unterschied 
nicht klar geworden sei. Und doch giebt er zu, daß die viudic. greg. aus Nütz 
lichkeitsrücksichten sich erhalten habe. Die Annahme Dernburgs, als ob 
nach der Gegenansicht jedes meiner Heerde zulaufende Stück Vieh oder jedes in 
meine Bibliothek gerathende Buch mein Eigenthum werden müsse, ist nicht 
zwingend. Seine Gegner verkennen nicht, daß die in der Sachgesammtheit zusammen 
gefaßten Sachen durch ihre Anerkennung als juristische Einheit nicht ihre Sonder 
existenz verlieren und als Einzelsachen einem anderen Rechte als demjenigen, in 
welchem sie als Bestandtheile des Ganzen stehen, unterworfen sein können. Wind 
scheid I §. 137 bei Note 9. 
2) III 538 zu §. 1021.
	        
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