Dinglichkeitsbegriff.
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den Servituten nichts Anderes als absolute Obligationen der Eigen
thümer einer Sache ad patiendum vel non faciendum zu erblicken.
So sehr sich daher auch die Motive sträuben, den Begriff eines
dinglichen Rechts auf eine Verpflichtung des Eigenthümers der
dienenden Sache abzustellen, Servituten sind nichts Anderes als
Rechte auf ein passives Verhalten des Grundstückseigenthümers und
seiner Rechtsnachfolger, als Beschränkungen ihrer Willensfreiheit,
vermöge deren dieselben einen gewissen Sachgebrauch dulden oder
ihrerseits unterlassen müssen, und wobei eine positive Leistung, eine
Unterhaltungslast rein sekundär zur negativen Pflicht hinzutreten
kann. Die Passivität des Eigenthümers ist das Prinzipale, die
Unterhaltungslast anders wie bei den dentschen Reallasten, nur ein
accessorischer Inhalt des Rechts (servitus oneris ferendi).
Daß in dieser Definition die Beziehung des Berechtigten zu Dritten
nicht noch besonders zum Ausdruck kommt, darf ihr nicht zum Vorwurf
gereichen; denn der Dritte prätendirt entweder gleichfalls ein ding
liches Recht und fällt als solcher unter den Begriff Rechtsnachfolger
des Eigenthümers, oder er stört ohne jegliches Privatrecht, und
dann bemißt sich hier so wenig wie bei einer Darlehns=Obligation,
die widerrechtlich von einem Dritten eingezogen wird, der Umfang
der Rechte des Geschädigten nach den Normen, die für das verletzte
Recht (Servitut, Darlehen) gelten, sondern nach den für das Delikt
gegebenen Normen (s. das Nähere S. 71).
Ist aber die Servitut weiter nichts als absolute Obligation der
Grundstückseigenthümer auf
ten, dann erweist sich das
passives Verhal
Dogma von der Dinglichkeit als unmittelbare Herrschaft über die
Sache, die sich bethätigt ohne das Vorhandensein eines Verpflichteten,
für das positive römische Recht als unhaltbar.
§. 5.
Gemeinrechtliche Begriffsbestimmungen des dinglichen
Rechts (Unger, Thon, Windscheid).
Vor dem Uebergange zur deutschen Rechtsentwickelung mag es
gestattet sein, die bisherigen Erörterungen zusammenzufassen und
das gewonnene Ergebniß an der Hand der Theorien zu prüfen, die
sonst über das Wesen der Dinglichkeit aufgestellt worden sind,
1. Nach dem Bisherigen ergiebt sich folgendes Facit:
1. Es widerspricht dem Wesen des subjektiven Rechts, in den