Wesen der Dinglichkeit.
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Rechte, durch die Versagung des Werkmeisterpfandrechts bei unbe
weglichen Sachen, durch die Einführung erschwerender Voraus
setzungen für die Eintragung der Vorrechtseinräumung, insbesondere
aber durch die Aufnahme des Satzes „Kauf bricht Miethe" eine
Reihe von Angriffen gegen sich wachgerufen, deren Berechtigung
theilweise selbst von den Anhängern des Entwurfs nicht in Ab
rede gestellt wird. So lange man die Einzelfragen für sich isolirt
betrachtet und Reformvorschläge bald nur für diese Frage, bald für
jene bringt, wird es schwer werden, eine Verständigung zu erzielen,
weil jede Einzelreform einen Riß in das System bringt. Deshalb
ist im Interesse einer Versöhnung und Verständigung hier versucht
worden, alle Angriffspunkte auf ein gemeinsames Prinzip zurückzu
führen und nachzuweisen, daß alle jene unbefriedigenden legis
latorischen Lösungen nur Symptome eines einheitlichen Grundübels,
nur nothwendige Konsequenzen eines unberechtigten Prinzips sind.
Sie sind nämlich der Niederschlag eines falschen, aus der herr
schenden gemeinrechtlichen Theorie überkommenen Dinglichkeitsbe
griffes, bei welchem der Gegensatz obligatorischer und dinglicher
Rechte ein begrifflicher sein und sich darin äußern soll, daß der Obli
gation, als der Herrschaft über den Willen, das dingliche Recht als
die unmittelbare Herrschaft über die Sache gegenübersteht.
1. Der Entwurf hat den Gegensatz beider Rechte verschärft,
indem er das Wesen der Dinglichkeit in der realen Herrschaft über
die Sache sieht; er ist dadurch zu dem Satze gekommen, daß ding
liche Rechte nur an körperlichen Dingen möglich sind, und so
erklärt sich, daß der Begriff der Sachgesammtheit und des Inbe
griffs für das Gebiet des Sachenrechts ignorirt und die theoretische
Einheit des Sach- und Rechtsnießbrauchs, sowie des Sach- und
Rechtspfandrechtes zerrissen ist.
2. Bei der Annahme eines begrifflichen Gegensatzes zwischen
Forderungsrechten und dinglichen Rechten mußte der Entwurf der
Verdinglichung derjenigen Rechte widerstreben, welche das gemeine
römische Recht als obligatorisch behandelt hat. Das hat den Ent
wurf dazu geführt, eine Reihe von Lebensverhältnissen schutzlos zu
lassen, bei denen das Rechtsbewußtsein des Volkes und die Rück
sichtnahme auf Treue und Glauben absoluten Schutz gebieterisch
verlangen. Die Aushülfsmittel des Entwurfs: Veräußerungsverbot
und Kautionshypothek sind unzulänglich. Wer den dauernden Ge¬