Full text: Fuchs, Eugen: ¬Das Wesen der Dinglichkeit

Dinglichkeitsbegriff. 
Miethe, der Vormerkung, des Wiederkaufs, der Vorrechtseinräumung, ja 
in die juristische Zergliederung aller dinglichen Rechte spielt der Dinglich 
keitsbegriff hinein, und man kann ohne Uebertreibung sagen, daß er 
in den Angriffen gegen den Entwurf auf sachenrechtlichem Gebiete — 
es sind das die wichtigsten und zahlreichsten — geradezu zum Angel 
punkt des Streites geworden ist. 
§. 3. 
Das Wesen der Dinglichkeit im Allgemeinen. 
Was ist nun dieses Wesen der Dinglichkeit, aus welchem für 
das Sachenrecht mit begrifflicher Nothwendigkeit das Dogma von 
der Körperlichkeit der Sache und von der Geschlossenheit der Zahl 
dinglicher Rechte folgen soll? 
Ist die Dinglichkeit eine dem Rechte innewohnende Eigenschaft 
a priori im Begriffe einzelner subjektiven Rechte enthalten oder ist 
sie nichts weiter als eine gewisse, von der positiven Rechtsordnung 
verliehene Art der Realisation des Rechts? Giebt es Rechte, die 
„an sich" um ihres Inhalts wegen dinglich sind, und solche, die es 
„an sich" nicht sind und auch nicht sein können, oder liegt das Wesen der 
Dinglichkeit etwa in der positiven Gestaltung der Klage oder gar 
der Exequirbarkeit des Rechts? 
Drei Auffassungen sind vertreten: nach der einen liegt das 
Wesen der Dinglichkeit in dem Inhalte des Rechts selbst, nach der 
anderen in der Art seines Klageschutzes (Absolutheit), nach der dritten 
schließlich in der Art seiner Vollstreckbarkeit (Realexecution). Alle 
drei Auffassungen sollen auf ihre Richtigkeit geprüft werden. 
a) Nach Ziebarth') ist jedes Recht, bei welchem der Berechtigte 
seinem Schuldner die Sache, welche Gegenstand des Rechts ist 
realiter wegnehmen kann, ein dingliches Recht; so ist ihm in Kon 
sequenz der heut als zulässig anerkannten Realexekution die Miethe 
nach gemeinem Rechte ein dingliches Recht. Mit Recht sagen die 
Motive zum Entwurf, 2) daß diese Auffassung nur vereinzelt dastehe 
und namentlich in der gemeinrechtlichen Praxis Anklang nicht ge 
funden habe. Wäre die Miethe im deutschen, insbesondere Preußi 
- 
* Die Realexekution und die Obligation mit besonderer Rücksicht auf die 
Miethe. Halle 1866. 
2) Motive Bd. H S. 381.
	        
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