Full text: Fuchs, Eugen: ¬Das Wesen der Dinglichkeit

Dinglichkeitsbegriff. 
§. 2. 
Hauptgegensätze im römischen und preußischen Sachenrecht. 
Den fundamentalen Unterschied im System des römischen und 
deutschen Sachenrechts kann man darin finden, daß jenes, ohne 
zwischen Mobilien und Immobilien sonderliche Unterscheidungen zu 
machen, von dem natürlichen Begriffe der körperlichen Sache, der res 
corporalis, ausgegangen ist;*) hierauf beruht die scharfe Scheidung 
des römischen Obligationen- und Sachenrechts, hierauf im Wesent 
lichen die eng geschlossene Zahl der dinglichen Rechte. 
Alles anders im deutschen Rechte. Der Sachbegriff ist er 
weitert. 2) Gerechtsame, Zeichen, Geistesprodukte sind dem Eigenthums 
begriffe unterstellt.3) Die Anerkennung einer Gewere am Schuld 
schein, die Gleichstellung von aurum argentum, vestimenta u. s. w. mit 
dem strumenta cartarum cautionis4) legt den Gedanken nahe, daß 
vielfach auch das Forderungsrecht als Sache und somit als Gegen 
stand des Eigenthums behandelt worden ist. 
Mit neuen Lebensverhältnissen sind neue dingliche Rechte er 
standen (Lehn=Erbzinsgut u. s. w.). Gebrauchsrechte an Sachen, die 
den Römern als persönlich galten, sind so zu sagen im deutschen 
Recht verdinglicht worden. (Miethe, Pacht, Leihe.)3) 
Diesen deutschen Rechtsauffassungen hat das Preußische Allge 
meine Landrecht gesetzgeberischen Ausdruck gegeben. 
Alles, was nicht blos durch die Natur, sondern auch durch die 
Uebereinkunft der Menschen eine Selbständigkeit hat, vermöge 
deren es der Gegenstand eines dauernden Rechts sein kann, ist Sache 
im engeren Sinne; Sache im weiteren Sinne ist gradezu mit Rechts 
objekt identisch. (§§. 1,3. I. 2. ALR. vgl. S. 63 fg.) Dem Eigen 
thumsbegriff sind auch Rechte unterstellt. (§. 1. l. 8.) 
Soweit der Berechtigte sich in wirklichem Besitze der zu ge 
brauchenden oder zu nutzenden Sache befindet, hat seine Befugniß 
die Eigenschaft eines dinglichen Rechts; ... bei Grundstücken und 
*) Motive III S. 32. 
2) Dernburg Bd. 1 §§. 60. 181. 
3) Heusler, Institutionen des deutschen Privatrechts, Bd. I S: 336. 340. 
*) Heusler, ebenda S. 375. 
3) Stobbe Bd. 1 §. 66.
	        
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