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Nudorss,
Verbindet man diese weit entlegenen Bestimmungen über die
der Negatoria nachgebildete In factum Actio gegen das Begraben
auf Gemeinland und über das Consilium bei Manumissionen, so
gelangt man zu der Vorstellung einer Gemeindeordnung für die
Augusteischen Militärcolonien in Italien und den Provinzen, deren
jurisdictioneller Theil der Lex Rubria über Oberitalien einiger-
maßen verwandt und insoweit denn auch vielleicht gleich dieser nach
dem Schema des Edicts abgefaßt gewesen sein mag.
XXVII.
Die durch die vorstehende Untersuchung gewonnenen Resultate
lassen sich hiernach in folgende Sätze zusammenfassen:
Erstlich. Julian'v Arbeit war kein wissenschaftliches, sondern
ein für die Praxis bestimmtes legislatives Unternehmen : eine Reichs-
civilproceßordnung für sämmtliche Obergerichte, hervorgegangen aus
einer Centralisierung der hauptstädtischen und der proconsularischen
Provinzialedicte.
Zweitens. Diesem Plan entsprechend enthielt das Julianische
Edict nur Titel und Klauseln, dagegen gehören die Theile und
Bücher und daher namentlich auch die ausgewählten Bücher (libri
singulares) erst dem Rechtsunterricht über die Commentare an.
Drittens. Einen wesentlichen Bestandtheil des Edicts bilden dage-
gen die Formeln der Judicia, Interdicte, Stipulationen, Exceptionen,
auf deren Herstellung deshalb 'das Hauptaugenmerk zu richten ist.
Viertens. Die meisten dieser Formeln, namentlich für Inter-
dicte, Sponsionen, Exceptionen, Präscriptionen, Präjudizien, Sti-
pulationen, die ädilischen eingeschlossen, waren dem eigentlichen
Edict nur als Anhänge beigefügt. Einzelne Interdicte und sämmt-
liche Formeln der Actionen sind jedoch in das Edict selbst ein-
gelegt und mit den Normen desselben zu einem Ganzen verbunden.
Fünftens: Der Plan dieses Ganzen ist der einer Prozeß-
ordnung und besieht daher aus vier Abschnitten: 1) Klagannahme und
Prozeßeinleitung, 2) Rechtsschutz, 3) Besitzschutz und 4) Voll-
streckung.
Sechstens. Der zweite und dritte Abschnitt, im Gleichen die
Anhänge sind weiter nach den Gegenständen in die Schutzmittel
1) für ein Vermögensganzes, 2) für Grundstücke, 3) für bewegliche
Gegenstände abgetheilt.
Siebentens. Geschichtliche Rücksichten auf den civilen oder