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gegen haben Euler, Schwarz und besonders Roth*) einen überaus
umfassenden Quellenkreis, der sich über Ostfranken, Ripuarien und
Lothringen, Schwaben und Baiern, Oesterreich und Westfalen ver-
breitet, dem zweiten Systeme vindizirt. Ostfalen aber hat man
von beiden Seiten immer aus dem Spiele gelassen und es als selbst-
verständlich angenommen, daß es gleichsam Repräsentant der Güter-
einheit sei. So mag es nicht ohne Interesse sein, gerade dieses
oMlische Recht ins Auge zu fassen, freilich so, daß wir nach den
zugemessenen Quellen immer nur dem Stadtrechte begegnen.
Ostfalen im engern Sinne — und so fassen wir es hier —
begriff ungefähr jenen Länderstrich, der sich an der Leine als seiner
westlichen Grenze hinzieht und im Osten durch die Weftgrenze der
askanischen Länder, der Altmark und der Grafschaften Gardelegen,
Grieben, Sommereschenburg, Aschersleben abgezeichnet wurde. Mit
Rücksicht auf die uns erhaltenen Rechtsquellen treten uns hier als
wichtigste Punkte des Territors die Städte Goslar im Süden,
Braunschweig und Hildesheim in mittler -Lage, Lüneburg im Nor-
den entgegen. Jede dieser Städte hat aber ihr Recht weiter ver-
breitet.
Das Goslarische Stadtrecht2), wie es weitaus das interessan-
teste und reichhaltigste ist, hat auch die weiteste Verbreitung, theils
durch Uebertragung auf andere Städte, theils durch die Stellung
Goslars als Oberhof gefunden. Eine gänzliche Herübernahme fand
*) Jahrbuch III. Bd. p. 313 ff.
*) Ueber das Alter des Goslarischen Stadtrechtes ist man im Zweifel.
Gewiß ist, daß dasselbe bereits in der Aufzeichnung des goslarischen Berg-
rechtes benutzt wurde. Dieses selbst wird aber bald nach 1356 (Leibnitz, Gö-
schen), bald nach einer spätem Notiz zur Handschrift 1306 gesetzt (Schaumann,
die goslarischen Berggesetze p. 4 ff.). Bedeutender für die Zeitbestimmung
scheint ein anderer Umstand. Von außerordentlicher Wichtigkeit für den städti-
schen Jmmobiliarverkehr war überall die Umwandelung der früher ewigen in
ablösliche Renten. Goslar erhielt nun bereits am 2. Juli 1283 durch K. Ru-
dolf das Privileg der Ablösung jeder Mark aus seinen Häusern ruhender Rente
mit 10 Mark. Böhmer, Reg. Rud. No. 758. Die alte Redaktion des Stadt-
rechtes kennt aber noch keine ablösliche Renten. Erst ein späterer Zusatz ent-
nimmt die gedachte Bestimmung einem Privileg Wentzel's von 1390, welches
offenbar nur ein seit lange bestehendes Recht um seiner Wichtigkeit willen kon-
firmirt. Göschen 25, 5. 122,41. Die Nichterwähnung aber des Rudolfinischen
Privileges in dem alten Texte läßt mit Wahrscheinlichkeit aus eine Abfassung
vor 1283 schließen. Damit scheint Sprache und Jnbalt vortrefflich zu stimmen.