Full text: Zeitschrift für Rechtsgeschichte (Bd. 1 (1862))

der judex im bairischen Volksrecht. 147
und ander frurner leut vil, die all auf ir aid darum verfoligt
und ertailt haben.
Diplom. Diessense (Mon. Bote. VIII) n. 87 a. 1487
ich .. richter in lioffmarch ze R. bekhenn ... dass ich auf
heut datum als ich die hofmarch gerächt daselbs zu R. mit
den urthail Sprechern in genügsamer anzall besessen han.
Allein für die rechtliche BenrtHeilung wirkte Wohl dieses Collegium
nicht selbständig, sondern die rechtsverständigen Gerichtspersonen
gaben den Ausschlags).
Dieß läßt sich zunächst aus der hohen Werthschätzung entneh-
men, womit die Baiern von jeher das geschriebene Gesetz und
dessen Auslegung behandelten. Wie es schon im Volksrecht heißt
comes secum habeat ... librum legis, so wiederholt sich in allen
bairischen Rechtsauszeichnungen seit dem dreizehnten Jahrhundert
die Vorschrift, daß jedes Gericht ein Exemplar des Gesetzes oder
des Gesetzbuchs haben soll^), und seitdem das bairische Landrechts-
buch publicirt war, nehmen die Protocolle der Gerichtshandlungen,
wie sie uns überliefert sind, fast alle ausdrücklichen und oft wört-
lichen Bezug auf das „Rechtbuch" oder das „Buch" schlechthin^).
Das Verlesen aus dem Buch entscheidet in sehr häufigen Fällen^),

25) Einen sehr interessanten Beleg über die Art und Weise des gerichtlichen
Verfahrens giebt die bei v. Krenner Landtagshandlungen XVI, 379 f. abge-
drnckte Beschreibung über den „Gebrauch bey den Landschrannen auf dem Land"
aus dem Ende des fünfzehnten oder Anfang des sechzehnten Jahrhunderts.
26) So in den Landfrieden a. 1244. 1256. 1281, Böhmer Wittelspachische
Regesten S. 21. 76. Regest. Rudolf, n. 595. Dann sehr häufig in den
Landtagshandlungen z. B. Krenner VIII, 508. Rockinger in der Vorrede zu
Lerchenfelds Altbaierischen Freibriefen S. 194. Lerchenfeld S. 17. 227.
2r) Auer Stadtrecht von München Vorr. S. VIII f. weist das erste Bei-
spiel a. 1336 nach. Vgl. Homeyer Richtsteig Landrechts S. 517 — 519.
28) Dieser Verlesung wird ausdrücklich gedacht z. B. Diplom. Rot. Mon.
Roic. II) n. 244; Diplom. Fürstenfeld. (Mon. Boic. IX) n. 107. 117; Diplom.
Polling. (1. c. X) n. 74. 112.116. 118.125; Diplom. Schönfeld. (1. c. XVI)
n. 195; Dipl. 8. Clarae Monae. (1. c. XIX) n. 203. 459; Diplom. Parth.
Püterich. (1. c. XIX) n. 21; Diplom. Ridler. (1. c. XIX) n. 4; Diplom.
Div. Virg. Monae. (1. c. XIX) n. 267. Daher war's auch eine Hauptbe-
schwerde der bairischen Ritterschaft a. 1497 und 1501, daß die neuen Rechts-
gelehrten, die man in die Gerichte gesetzt habe, nicht wissen noch davor halten
wollen was im Buche steht, und daß das huch wornach gericht soll wer^
den, derende ligt; Rockinger in der Vorrede zu Lerchenfelds AltLairischen
Freibriefen S. 299 f.

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