Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 11 (1896))

H. Jastrow. Nichtstreitige Gerichtsbarkeit.

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steht es mit der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit. Hier stehen Recht und
Verfahren in engerer Wechselwirkung mit einander; zu einem sehr
großen Theile erzeugt deshalb das neue Recht zugleich neue Prozedur-
formen. Das Bürgerliche Gesetzbuch zumal stellt gegenüber dem bis-
herigen Rechtszustande für die meisten Bundesstaaten (wenn nicht für
alle) der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit erweiterte Aufgaben. Die drei
großen Gebiete dieser Art von Gerichtsbarkeit sind: das Grundbuch-
wesen, das Vormundschaftswesen und die Aufnahme und Beurkundung
der Rechtsgeschäfte, das sog. gerichtliche Notariat. Neben diesen Materien
aber weist das BGB. auch eine große Reihe weiterer Aufgaben der
nichtstreitigen Gerichtsbarkeit zu. . Theils handelt es sich hierbei um
Akte rechtspolizeilicher Art, theils um wirkliche Streitigkeiten, für die
aus Zweckmäßigkeitsgründen der Prozeßweg ausgeschlossen und ein
Extrajudizialverfahren vor den Organen der nichtstreitigen Rechtspflege
angeordnet ist. Genau scheiden lassen sich die beiden Gruppen nicht:
sie gehen zum Theil in einander über. Die wesentlichsten hierher
gehörigen Akte sind:
1. Das gerichtliche Registerwesen beim Vereinsregister (§§ 21,62 ff.)
und beim Güterrechtsregister (§§ 1418 ff., 1541 ff.) auch zum Theil beim
Schiffsregister (§§ 1242 ff.).1)
2. Die Funktionen des Vormundschaflsgerichts außerhalb einer
bestehenden Vormundschaft, insbesondere:
a) Die Volljährigkeitserklärung (§§ 3 ff.).
b) Die Ersetzung der elterlichen Einwilligung zur Eheschließung
auf den Antrag volljähriger Kinder (§ 1291).
c) Die Entscheidung zwischen Eheleuten, wenn der Mann miß-
bräuchlich die Schlüsselgewalt der Frau beschränkt (§ 1340).
d) Die Ersetzung der Zustimmung des Mannes zu Verträgen
der Frau über eine von ihr in Person zu bewirkende Leistung
(8 1341)-
e) Die Ersetzung der Zustimmung zu vielen vermögensrechtlichen
Akten, zu welchen, je nach der Verschiedenheit des Aktes und
des maßgebenden Güterrechts, der Mann der Zusümmung
der Frau oder umgekehrt die Frau der Zusümmung des
*) Die Citirung der Paragraphen ist hier, wie im folgenden überall nach
der Reichstagsvorlage (Nr. 87 der Drucksachen pro 1895/96) erfolgt.

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