Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 11 (1896))

286 W. Rönnberg. Grenzscheidungsklage.
dieses Zustandes nicht blos du^ch das Interesse des Anspruchsberech-
tigten, sondern durch ein öffentliches Interesse verlangt wird", wie
solches auch bei den samilienrechtlichen Ansprüchen (§ 154 Abs. 2
des E. I, § 161 des E. II und § 189 des E. III) der Fall sei.
Mit der schon oben bekämpften Ausfassung, daß der Anspruch
auf Grenzabmarkung ein Ausfluß des Eigenthums am Grundstücke
sei, fällt die Begründung der Unverjährbarkeit. Verfehlt ist aber auch
die Bezugnahme auf das öffentliche Interesse und der Vergleich mit
den familienrechtlichen Ansprüchen. Die öffentliche Ordnung hat ein
Interesse an dem Vorhandensein einer sichtbaren Grenze, nicht aber
daran, daß beide Nachbarn bei der Grenzaufrichtung zusammenwirken.
An der Theilnahme des Nachbars besteht ein Interesse nur für den
Grundstücksbesitzer wegen der Kosten der Abmarkung, und weil durch
die gemeinschaftliche Aufrichtung die Grenze streitlos gestellt wird.
Die Herstellung des dem Inhalte des Rechts entsprechenden Zu-
standes kann im übrigen sehr wohl durch einen der Betheiligten allein
erfolgen, und gerade deshalb ist die vergleichende Heranziehung der
auf einem familienrechtlichen Verhältnisse beruhenden Ansprüche, bei
denen zur Herstellung des dem Verhältnisse entsprechenden Zustandes
das Zusammenwirken der Betheiligten begriffserforderlich ist, völlig
unangebracht.
Es ist in der That kein Grund ersichtlich, den Anspruch auf
Mitwirkung zur Grenzabmarkung von der ordentlichen Verjährung
der §8 154, 155 (E. I) bezw. 8§ 161, 162 (E. II) bezw. 189, 190
(E. III) auszunehmen. Wer dreißig Jahre hindurch, von der Nativität
der Klage an gerechnet, die Abmarkungspflicht des Nachbars nicht in
Anspruch genommen, mag Last und Kosten der erst später von ihm
beliebten Abmarkung selbst übernehmen. Eine Verewigung des Zustandes
der Rechtsungewißheit bei Streit über den Grenzlauf ist trotzdem nicht
zu befürchten, vorausgesetzt, daß, wie aus andern Gründen dringend
geboten erscheint, die — unverjährbare — Klage auf Grenzfeststellung,
wie das gemeine Recht sie hat, in dem bürgerlichen Gesetzbuche Auf-
nahme findet.

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