Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

Eheliche Nutznießung im B.G.B.

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eines richterlichen Eingreifens in das Heiligthum der Ehe, aber in den
Grundlagen, die das eheliche Güterrecht beherrschen, würde er die Züge
seines geliebten Sachsenrechts wieder erkennen.
Wer hätte zu Anfang unseres Jahrhunderts, als die historische
Schule siegreich das Banner des römischen Rechtes durch die Lande
trug, ahnen können, daß das Recht des Sachsenspiegels wieder zu Ehren
kommen würde? Als eigentliches deutsches Güterrecht galt die Güter-
gemeinschaft im Gegensatz zum Dotalrecht. Welcher Wirrwarr der
Meinung bestand über eheliches Güterrecht in allen Beziehungen! Man
denke nur an die Begriffe Gewere und Mundium! Dem romanistisch
gebildeten Juristen war das alte deutsche Recht unverständlich geworden
und nur Ruinen ragten noch in die Gegenwart herein. Ein Beispiel
dafür, wie verschwommen die Ansichten über eheliches Güterrecht waren,
bietet uns noch Runde.^") In seinem ehelichen Güterrecht erscheint
das Recht der Gütereinheit noch als eines der vielen deutschrechtlichen
Gütersysteme unter dem Namen der formellen Gütergemeinschaft.
Runde bezeichnet sie speziell als eigenthümliche Gütergemeinschaft.
Wie seltsanr muthen uns seine Ausführungen an, wenn er ihre recht-
liche Natur dahin zu bestimmen sucht: daß das Eigenthum der Frau
an dem in die Hand des Mannes gefallenen Vermögen ein ruhendes
(dormiens), die Gewere des Mannes aber ein bürgerliches, der Aus-
übung nach wiewohl beschränkt auf ihn übergegangenes (interirnistieurn)
sei, indem er sich hierfür auf Thibaut und Albrecht beruft. Falls
man aber diese Konstruktion nicht gelten lassen wolle, so sei das Ver-
hältniß eben das, daß der Mann während der Ehe vom Staat als
derjenige anerkannt werde, der unter gewissen Einschränkungen über
das Frauengut zu verfügen habe, als wäre es sein; dafür beruft er
sich auf die bekannte Dotalrechtsstelle der Institutionen pr. 11, 8 quidns
alienare liest: Accidit aliquando, ut qui dominus sit, alienare
non possit, et contra, qui dominus non sit alienandae rei potestatem
habeat.
Wenn nun trotz alledem das Bürgerliche Gesetzbuch zurückgekehrt
ist zum Rechte der Gütereinheit, so verdanken wir dies vor allem dem
Germanisten Karl Friedrich von Gerber, der mit der ihm
eigenen Intuition in dem Rechte des Sachsenspiegels die den Grund-
18°) Eheliches Güterrecht S. 138.

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