Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

Eheliche Nutznießung im B.G.B.

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erworbenen Früchte überhaupt nicht oder nur in beschränktem Umfang
der Pfändung unterworfen sind. Alle diese Bestimmungen haben ihren
Grund in der Natur des ehelichen Verhältnisses, berühren aber das
Wesen der ehelichen Nutznießung als eines Vermögensrechtes nicht.
Das gleiche gilt von der Möglichkeit, daß die eheliche Nutznießung auch
einen im Vermögen der Frau befindlichen Nießbrauch ergreift, während
beim gewöhnlichen Nießbrauch diese Möglichkeit durch positive Be-
stimmung des Gesetzes, im Gegensatz zum gemeinen Recht, ausgeschlossen
ist, nach § 1069 B.G.B. ist der Nießbrauch nur möglich an übertrag-
baren Rechten.
Auch daraus, daß der Gegenstand der ehelichen Nutznießung nur
das jeweilige Vermögen der Frau ist, läßt sich kein Einwand gegen
die dingliche Gestaltung der ehelichen Nutznießung herleiten. Wenn
diese Anschauung richtig wäre, so müßte man, wie früher ausgeführt
(VH), auch die Dinglichkeit des Pfandrechts an einem Waarenlager
und der römischen Generalhypothek bestreiten. Auch aus dem Ver-
hältniß zu dinglichen und obligatorischen Rechten dritter Personen kann
keine Schwierigkeit abgeleitet werden. Soweit diese rechtsgiltig konsti-
tuirt sind, soweit dabei die der Frau gezogenen Schranken nicht über-
schritten sind, hat ihnen das Recht des Mannes zu weichen; das
ergiebt sich ohne weiteres aus den Bestimmungen, wonach die Frau,
an sich verpslichtungsfähig, unter gewissen Voraussetzungen über ihr
Verurögen verfügen kann und dieses dem Zugriff der Gläubiger
offen steht.
Daß die eheliche Nutznießung nicht als absolutes Recht, das heißt,
nicht als familienrechtliche Gewalt zu betrachten ist, tritt klar darin zu
Tage, daß der Mann mit den Früchten des Frauenguts nach Belieben
schalten und walten kann; sie sind geradesogut sein volles, unbeschränktes
Eigenthum wie die Früchte, die er aus dem eigenen Vermögen zieht,
und wenn er den Unterhalt der Familie bestreitet, so hat ihm Niemand
weiter dareinzureden, was er mit den Früchten des Frauenguts anfängt.
Freilich kann ihm auf Verlangen der Frau das Recht der Verwaltung
und Nutznießung entzogen werden, wenn nämlich der Unterhalt der
Frau und der Kinder gefährdet wird, aber äs )urs ist der Mann
unbeschränkt in der Verwendung der gezogenen Früchte. Mag er noch
so gröblich die Zwecke der Ehe verletzen, die Rechtsgiltigkeit der Akte,
die er mit den Früchten vorgenommen hat, wird dadurch in keiner
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