Rechtsunterricht.
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Die Schlußfolgerung, daß aus den angeführten Gründen das
römische Recht ungeeignet sei, die pädagogische Grundlage des Rechts-
unterrichts zu bilden, erfährt aber noch eine bedeutsame Unterstützung
durch die Rechtfertigung meiner positiven Gegenvorschläge.
V.
Nach diesen Auseinandersetzungen wird man von mir positive
Gegenvorschläge erwarten. Diese sind:
Im ersten Semester sind zu lehren Institutionen des B.G.B. mit
Uebungen, im Ganzen etwa 6 Stunden. Institutionen des deutschen
Staatsrechts mit Uebungen, im Ganzen etwa 3 Stunden, Institutionen
des deutschen Civilprozesses und deutsche Gerichtsverfassung mit Uebungen
im Ganzen etwa 3 Stunden. Das ergeben für den Studenten ins-
gesammt 12 Stunden, erachtet man eine größere Anzahl für nothwendig,
so wird eine Verständigung leicht sein, denn die Stundenzahl bildet
keine Lebensfrage.
Diese Vorschläge sind zu rechtfertigen.
1. Aus dem oben Ausgeführten folgt, daß das römische Recht
nicht geeignet ist, die pädagogische Grundlage zu bilden, um in die
Begriffswelt des B.G.B. einzuführen, den Anfänger in ihr heimisch zu
machen, ihm zur sicheren Beherrschung wenigstens der wichtigeren Begriffe
zu verhelfen.^)
15) Mit diesem Vorschlag befinde ich mich in bester Gesellschaft, er ist
schon von so vielen Stimmen vertreten worden, daß er jetzt nicht mehr übersehen
werden kann. Die von mir befürwortete-Idee ist (theilweiie schon vor mir!)
vertheidigt worden von Stammler, Die Behandlung des römischen Rechtes
in dem juristischen Studium. Akademische Antrittsrede. Freiburg 1885, S. 17, 27.
Seine jetzige Meinung ist mir nicht bekannt, seine damaligen Vorschläge nehmen
eigentlich nur das vorweg, was ich hier vertheidige. Ferner findet sich ein
gleicher Vorschlag bei Rümelin, Der civilistische Unterricht und das Bürger-
liche Gesetzbuch, Freiburg 1896, S. 11 f., 21; Fischer, Der Rechtsunterricht
und das Bürgerliche Gesetzbuch, Jena 1896, S. 18; v. Blume, Deutsche
Juristenzeitung Bd. 1 S. 290)., 454; Biermann, ebenda Bd. 2 S. 272;
Ermann, Juristisches Centralblatt Bd. 17 S. 112).; Matthias, ebenda
Bd. 18 S. 80. Kuntze in Unsere Zeit Bd. 1 S. 34 schlägt vor, deutsche Rechts^
geschichte vor römischer Rechtsgeschichte und Institutionen vorzutragen, „das
Deutsche liegt uns ja näher als das Römische". So weit ist er im Recht, es!ist
aber ein schwerer pädagogischer Jrrthum von ihm fortzufahren, „und jenes fordert
weniger als dieses das haarscharfe juristische Denken heraus; auch könnte man