Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

Eheliche Nutznießung im B.G.B.

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oder die noxae datio vorzieht), so ist auch der Muntinhaber sür die
Vergehen seiner Hausgenossen verantwortlich; andererseits ist er auch
der Berechtigte, wenn ein Vergehen gegen einen Hausangehörigen verübt
wird, er übt das Fehderecht und bezieht die Buße. Das Vermögen,^)
das der Muntbefohlene hat, beruht ähnlich dem römischen peculium
lediglich auf Herrengunst, nach außen bleibt es Herrenvermögen, und
was der Muntbefohlene davon weggiebt, kann der Hausherr zurück-
fordern, wie er dessen Rechtsgeschäfte nicht gegen sich gelten zu lassen
braucht.
Im Laufe der Entwickelung aber differenzirte sich der ursprünglich
einheitliche Begriff der Munt in seine Unterarten, eheherrliche, väterliche
und vormundschaftliche Gewalt, die wieder ihrerseits, ebenso wie im
römischen Recht unter den verschiedenartigsten Einflüssen einen mehr
oder weniger verschiedenen Entwickelungsgang nahmen. Immer aber
sind sie nur Arten derselben Gattung, der einen einheitlichen Munt.
Die ursprünglich nach innen und außen absolute Herrschaft des Gewalt-
habers wird bald mehr, bald weniger beschränkt oder verstärkt. Es
beißt, wie ein Laie sprechen, — sagt treffend Ihering ^) — wenn
man meint, die Familienverhältnisse des neueren Rechtes seien keine
Gewaltverhältnisse mehr; in Wahrheit liegt der einzige Unterschied
zwischen den Familienverhältnissen des heutigen und denen des alten
deutschen und römischen Rechtes nur in der quantitativen Differenz im
Machtgehalt der Institute. Eheherrliche, väterliche, vormundschaftliche
Gewalt sind während des ganzen Mittelalters Ausflüsse einer und der-
selben Munt, nur daß eben im Einzelnen diese drei Institute, sei es im
Berhältniß der Betheiligten unter sich, sei es im Verhältniß zur Außen-
welt unter dem Einfluß der verschiedenartigsten Momente mehr oder
weniger verschieden gestaltet worden sind, verschiedene Wege gegangen
sind, und die Munt in ihnen in sehr verschiedenem Grad und Umfang
wirksam geblieben ist. Diese neuestens insbesondere vonHeusler^)
22) Für ein einheitliches Hausvermögen in der Hand des Mannes als
dessen Eigenthum jetzt auch Huber, Schweizerisches Privatrecht Bd. 4 S. 246,
''03, 349 f.; Historische Grundlage des ehelichen Güterrechts der Berner Hand-
seste 1884 S. 21 f. Ferner Köhler, Dispositionsnießbrauch in Jhering's
Jahrbüchern Bd. 24 S. 192 f. Für die vermögensrechtliche Stellung der Kinder,
Huber, Schweizerisches Privatrecht Bd. 4 S. 488.
23) Geist des römischen Rechts II1, 3. Ausl., S. 296 (XXXVI).
Institutionen des deutschen Privatrechts Bd. 1 S. 95 f.
Archiv für bürgerliches Recht. XIX. Band. 17

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