Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

Selbsthülfe.

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Soviel über die Voraussetzungen der rechtmäßigen Selbsthülfe
und der mit ihr verwandten Rechtsinstitute.
4. Die Wirkungen dieser Voraussetzungen bestehen nun bei der
Selbsthülfe vor allem darin, daß Eigenmacht erlaubt ist. Dies ist
das am meisten in die Augen fallende Merkmal der Selbsthülfe, nach
dem sie auch ihren Namen führt. Bei der Selbsthülfe ist der Gläubiger
gewissermaßen Richter und Vollstrecker in einer Person.
Auch hierin steht die Selbsthülfe- nicht allein.
Ein Selbstfällen und Vollstrecken des Urtheils findet sich zunächst
bei der schon mehrfach erwähnten Besitzesselbsthülfe und Nothwehr.
Ferner beim Pfandverkauf und Selbsthülfeverkauf.
Der jetzt nach B.G.B. wieder zulässige private Pfandverkauf unter-
scheidet sich von der Selbsthülfe vor Allein dadurch, daß zu seiner
Verwirklichung keine Gewalt, kein Beugen eines fremden Willens er-
forderlich ist. Aus diesem Grunde ist er an die strengen Voraussetzungen
der Selbsthülfe nicht gebunden, er ist kein Nothrecht.
Ebensowenig ein Nothrecht ist der Selbsthülfeverkauf. Er ist viel-
mehr ein Verzugsrecht, was die Selbsthülfe nicht ist. Betreffs der
Gründe, weshalb ihn der Gesetzgeber zugelassen hat, gilt dasselbe, wie
beim Pfandverkauf.
Ferner findet eine Vollstreckung in eigener Sache bei der Pfändung,
der vorläufigen Festnahme und der uns hier beschäftigenden Selbst-
hülse statt. Alle diese eigennrächtigen Handlungen bedürfen jedoch im
Gegensatz zu den oben erwähnten der Bestätigung, worauf unten noch
näher zurückzukommen ist.
Bei den bisher erörterten Rechtsinstituten war die Vollstreckung
des Anspruchs der Eigenmacht des Gläubigers anheimgestellt. Dagegen
ist bei den nunmehr zu besprechenden Verfahren die Vollstreckung staatlich.
Sie sind aber insofern mit der Selbsthülfe — wenn auch nur entfernt —
verwandt, als das zu vollstreckende Urtheil gewissermaßen von der Partei
selbst gesprochen wird, indem es mehr oder weniger auf den einseitigen
Angaben einer Partei beruht.
Am weitesten links steht in dieser Beziehung die vollstreckbare Ur-
kunde. Hier vollstreckt der Staat ohne den Gegner überhaupt zu hören.
Weiter nach dem ordentlichen Verfahren zu haben Arrest und
einstweilige Verfügung ihren Platz. Hier kann der Richter den
Gegner hören, braucht es aber nicht.

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