Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 30 (1907))

40

Ortlieb.

unerlaubte Vermögensbeschädigung zeigt; nur insofern ist er Voraus-
setzung für den Schadensersatzanspruch. Auch können beide Ansprüche
unter Umständen ihrer Höhe und sogar ihrem Inhalte nach verschieden
sein. So wird der Schadensersatzanspruch gegen den Dritten niedriger
sein, als der Anspruch gegen den Schuldner, wenn die verschobenen
Vermögensstücke zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausgereicht
hätten. Der Schadensersatzanspruch wird dagegen höher sein, wenn
die betreffenden Vermögensstücke zur Befriedigung ausgereicht hätten
und außerdem noch entgangener Gewinn oder dergl. hinzutritt.
Beide Ansprüche haben nur das gemeinsam, daß beide einen im
wesentlichen gleichen Zweck verfolgen, ähnlich wie z. B. die Ansprüche
gegen den Brandstifter und gegen die Versicherungsgesellschaft. Treffend
ist hierfür der Ausdruck „unechtes Gesamtschuldverhältsnis".")
V. Dem Gläubiger ist also zur Befriedigung desselben wirtschaft-
lichen Interesses gegeben:
1. der Anspruch gegen den ersten Schuldner und, damit im Zu-
sammenhänge stehend,
2. der Anfechtungsanspruch gegen den Dritten, schließlich
3. der Schadensersatzanspruch gegen den Dritten.
Wie gestaltet sich die Rechtslage, wenn einer von diesen Ansprüchen
befriedigt wird? Es wird zu unterscheiden sein:
1. Fall. Der Gläubiger erlangt Befriedigung lediglich des gegen
den Schuldner zustehenden Anspruchs, z. B. dadurch, daß der Schuldner-
nachträglich Vermögen erlangt und der Gläubiger die Zwangsvoll-
streckung in dieses erfolgreich betrieben hat.
In diesem Falle erlischt auch der Anfechtungsanspruch. Hat der
Gläubiger hierfür schon einen vollstreckbaren Titel erlangt, so kann
er gleichwohl nicht mehr die Zwangsvollstreckung betreiben. Denn er
würde zur Zwangsvollstreckung, wie oben gezeigt worden ist, auch noch
des vollstreckbaren Titels gegen den Schuldner bedürfen. Dieser Titel
ist aber dem Schuldner nach erfolgreich durchgeführter Zwangsvoll-
streckung auszuhändigen, also nicht mehr im Besitze des Gläubigers.
ir) Eisele, Arch. f. ziv. Pr. Bd. 77 S. 478; Oertmann, a. a. O.;
EnnecceruS, Lehrbuch d. bürg. R., 2. Aufl. 1900 S. 568; Dernburg,
Bürg. Recht, Bd. 2, 3. Aufl. S- 417 lehnt den Ausdruck „unechte Solidarität"
zwar ab, gibt aber zu, daß die hierunter begriffenen Fälle eine abweichende
Behandlung erfahren müssen.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer