Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 30 (1907))

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Langen.

Abhandlung „das Wertpapier als Legitimationsmittel" Gelegenheit, sich mit
den ihm entstandenen Gegnern auseinanderzusetzen sowie früher ausgesprochene
Sätze gegen sonst geäußerte abweichende Meinungen zu verteidigen und schärfer
herauszuarbeiten.
Das Wesen der Wertpapiere liegt nach Jacobi in ihrer Legitimations-
wirkung; sie legitimieren mit Ausschluß sonstiger Mittel ihren formell ordnungs-
mäßigen Inhaber Dritten wie dem Verpflichteten gegenüber als Berechtigten oder —
bei Rektapapieren — als Nochberechtigten. Diese Legitimationsfunktion liefert I.
den Schlüssel zur Erklärung der den Wertpapieren eigentümlichen Rechtssätze.
Zunächst leitet er aus ihr den Grund für die Verbindung des Rechts aus und
am Papier her. Weil das Papier zur Legitimation erforderlich ist, muß der
aus ihm Berechtigte sich jederzeit seinen Besitz verschaffen können; deshalb fallen
Recht aus dem Papier und Recht am Papier zusammen. Da aber die Ver-
bindung beider Rechte nur wegen des Legitimationszweckes des Papiers Platz
greift, ist sie keine unauflösliche, wie dieses die von Pappenheim verteidigte
Verkörperungstheorie annimmt. Es erscheint deshalb sehr wohl möglich, daß
in besonderen Fällen (bei Vernichtung des Papiers und der ihr meiner
Meinung nach gleichstehenden Spezifikation) jemandem die Rechte aus dem
Papier zustehen, der nicht mehr Eigentümer ist. und umgekehrt hat auch bei
schriftmäßigen Wertpapieren nicht jeder Eigentumserwerb am Papier zugleich
rechtsnotwendig den Erwerb der Rechte aus diesem zur Folge. Dem ist sachlich
beizupflichten. Sind sich also Eigentümer und Erwerber einig, daß nur das
Papier als solches unter Ausschluß der in ihm verbrieften Rechte zu eigen über-
tragen werden soll, so erlangt der Erwerber letztere nicht. Wird er wenigstens
Eigentümer des Papierstückes? Jacobi leugnet dieses (S. 13 no 1, S. 14
und 20); ich halte es jedenfalls dann für möglich, wenn der Berechtigte das
von der Übertragung ausgeschlossene Recht nicht für sich behalten will. Dieses
gelangt in solchen Fällen zum Ruhen, bis es etwa in der Person Dritter durch
ihren gutgläubigen Erwerb wieder auflebt. So bin ich Eigentümer des Wechsels,
den mir der letzte Indossatar trotz Bestehens sämtlicher Wechselrechte wegen
ihrer materiellen Wertlosigkeit zu Unterrichtszwecken geschenkt hat. Hier genügt
auch bei Orderpapieren Eigentumsübertragung durch einfache Übergabe, da das
Papier nur als körperliche Sache in Betracht kommt. Gleicherweise auf der
Legitimationswirkung und dem durch sie hervorgerufenen Rechtsscheine beruht
nach I. bei schriftmäßigen Wertpapieren die Entstehung der Verbindlichkeit in
denjenigen Fällen, wo das Papier ohne rechtsgültigen Willen des Ausstellers
in den Verkehr gelangte. Unter Zuhilfenahme dieses Gesichtspunktes glaubt
I. gegenüber der Kreationstheorie auch für Jnhaberschuldverschreibungen nach
dem Bürgerlichen Gesetzbuche die Richtigkeit einer allerdings modifizierten Vertrags-
theorie verteidigen zu können und hat dabei vielfach Zustimmung gefunden.
Trotzdem ich anerkennen muß, daß gerade hier J.s Darlegungen ausgezeichnet
sind und ganz neue Gesichtspunkte bieten, vermochte ich mich aus den Archiv

Privatrecht und Zivilprozeß des Deutschen Reiches herausgegeben von Prof. Dr.
O. Fischer.)

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