Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

Das Vertrauensprinzip bei der Amortisationshypothek. 5
entsprechen und das Rechtsgefühl eines Laien verletzen, scheint eine
unabweisbare Folge des allgemeinen Vertrauensprinzipes zu sein und
durch die eben angeführten Gesetzesstellen vollends außer Zweifel ge-
stellt zu werden.
Und doch halte ich, wenigstens hinsichtlich der regelmäßigen Fälle,
das entgegengesetzte Ergebnis für richtig! Der Vorgang bei Ein-
tragung einer Amortisationshypothek ist in der Praxis gewöhnlich
folgender: Die Hypothek wird als Verkehrs- (Buch- oder meist Brief-)
Hypothek bestellt. In der bücherlichen Eintragung ist durch einen
kurzen Vermerk auf die in aller Regel vorliegende Hypothekenbestellungs-
urkunde, welche die Grundlage des Eintrages bildet, verwiesen; bei
Briefhypotheken soll nach § 57 Abs. 2 Zl. 3 GBO. der Inhalt dieser
Urkunde auch im Hypothekenbriefe wiedergegeben sein?)
In dieser Urkunde, welche gemäß § 9 GBO. beim Grundbuch-
amte verwahrt wird, ist die Vereinbarung der Amortisation in all'
ihren Einzelheiten niedergelegt. Wenngleich zwar aus der Urkunde
nicht ersichtlich ist, ob tatsächlich abgezahlt wurde, so erhellt aus der-
selben doch, daß die in Frage stehende Hypothek eine Amortisations-
hypothek ist. Die Hypothek ist also, insbesondere im Falle der Brief-
hypothek, bei welcher der Inhalt der Urkunde auch im Briefe wieder-
gegeben ist, ganz öffentlich als Amortisationshypothek bezeichnet?) Ja
noch mehr, der Erwerber der Hypothek kann sich für jeden beliebigen
Zeitpunkt genau den Restbetrag ausrechnen, in welchem die Forderung
bei ordnungsmäßig erfolgter Amortisation noch besteht. Setzt der
Zessionär voraus, daß die Abzahlung in der den Vereinbarungen ent-
sprechenden Weise stattgefunden hat, so kann er die Höhe der Forderung
zur Zeit der Zession bestimmen.
Aber auch diese Möglichkeit der Berechnung der restlichen Hypothekar-
forderung scheint für die Beurteilung des Vertrauensprinzipes belanglos
zu sein. Denn muß etwa der Zessionär bei einer Buchhypothek in die
Urkunde Einsicht nehmen? Und im Falle einer Briefhypothek, bei
welcher der Inhalt der Urkunde zwar aus dem Briefe ersichtlich ist,
sowie auch bei der Buchhypothek handelt es sich noch um eine zweite
Frage: Ist es aus der Urkunde denn ersichtlich, ob die Amortisation,
6) Dieser Rechtssatz ist nur eine „Sollvorschrift", deren Nichtbeachtung
keine Ungültigkeit der Hypothek zur Folge hat.
7) Denn auch die Einsicht in die Urkunde ist nach § 11 GBO. gestattet.

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