Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 38 (1913))

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Be ndi r.

Jaeger, Kommentar zur KO. III/IV. Aufl. Anm.5 zu
8 55 vertritt die Ansicht, daß in einem solchen Falle dem Ver-
tragsgegner, z. B. dem Käufer, der von dem Gemeinschuldner
gekauft hatte, die Aufrechnung mit einer vor dem Konkurs
für ihn gegen den Gemeinschuldner entstandenen anderweiten
Forderung freistehe, einerlei, ob der Verwalter bei der Betäti-
gung seiner Wahl um diese Gegenforderung gewußt habe oder
nicht. Er begründet seine Auffassung nach zwei Richtungen:
1. In rechtlicher Beziehung stelle sich die schon vor
dem Konkurse als Zug-um-Zug- oder als Vorleistungspflicht
begründete Kaufpreisschuld des Gegners des Gemeinschuldners
vom Augenblick der Konkurseröffnung ab mit Rücksicht auf
den ß 17 der KO. als eine gesetzlich (durch das Erfüllungsbegehren
des Verwalters) bedingte Schuld zur Masse dar.
2. Die Billigkeit spräche für die Zulässigkeit der Auf-
rechnung. Vielleicht hätte der Käufer gar nicht oder nur zu
niedrigerem Preise gekauft, wenn er nicht damit gerechnet hätte,
keine Bezahlung leisten zu müssen; vielleicht war ihm zur Zeit
des Kaufabschlusses die Beitreibbarkeit seiner Forderung bereits
zweifelhaft.
II. Der Standpunkt Jaegers ist meines Erachtens nicht
haltbar.
1. Der 8 17 KO. hat die Bedeutung, daß der zweiseitige
noch nicht erfüllte Vertrag durch die Konkurseröffnung zwar
nicht aufgehoben wird, sondern trotzdem in dem damaligen Zu-
stande fortbesteht; aber es entfällt das Recht des Vertragsgeg-
ners des Gemeinschuldners auf Erfüllung. Die Nichterfüllung
ist die natürliche Regel, die unmittelbare Folge der Konkurs-
eröffnung. Dem Konkursverwalter ist jedoch die Befugnis ein-
geräumt, an Stelle des Gemeinschuldners den Vertrag aus der
Konkursmasse zu erfüllen und dagegen die Erfüllung auch von
dem anderen Teil zu verlangen. Dieses Wahlrecht ist nur dem
Verwalter gegeben, der es durch die Leistung selbst oder eine
besondere rechtsgeschäftliche Erklärung kraft seines Verwaltungs-
und Verfügungsrechts ausübt. Im Zeitpunkt des Konkursbeginns
hat mithin der Gemeinschuldner, ebensowenig wie die
Pflicht zur, das Recht auf Vertragserfüllung und demzufolge

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