Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 38 (1913))

Ausstoßung aus Vereinen.

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ein, wenn ihm gesagt wird, es hätte in der entscheidenden Vor-
ftandssitzung der X nicht mitsitzen dürfe, es sei der Angeschul-
digte nicht ordnungsgemäß geladen worden, oder sonst der-
gleichen?
Dazu kommt, daß für eine andere korporative Vereinigung,
nämlich für die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen-
schaften, das Zerlegen in die materielle und formelle Seite
vom Reichsgericht nicht beibehalten worden tft7 *). Bei diesen
soll vielmehr eine richterliche Nachprüfung auch im sachlichen
Punkte stattfinden. Die Begründung ist dünn. Einmal wird darauf
hingewiesen, „daß es sich bei der Entscheidung über den Aus-
schluß um wichtige Vermögensrechte des betreffenden Mitglieds
handeln kann, und die Genossenschaft dabei als Richter in eige-
ner Sache fungieren würde." Genau dasselbe kann aber auch
im Bereich des Vereinslebens Vorkommen. Viele Vereine haben
z. B. Unterstützungs- Witwen- und Waisenkassen, und für den
Ausscheidenden ist es dann besonders bitter, wenn er nach jahre-
langer Beitragszahlung von den Vorteilen der gemeinsamen
Kasse abgedrängt werden soll^). Allerdings hat das Reichsgericht
den Unterschied zwischen Genossenschaft und Verein außerdem
auf den beiderseitigen Gesetzestext zu bauen versucht. Aber diese
Ausführungen überzeugen nicht. Sie laufen auf ein argumentum
e oontrario aus §68 des Genossenschaftsgesetzes hinaus. Gerade
die neuere Richtung im Rechtsleben hat aber dargetan, daß
das argumentum e oontrario (ebenso wie die Analogie) zu-
nächst nur hohle Denkfiguren und insofern Behauptungen, keine
Begründungen sind.
Es kann nach alledem nicht wundernehmen, daß in der
Literatur sich allezeit Widerspruch gegen die herrschende Lehre
geregt hat. Insbesondere wird neuerdings vorgeschlagen, min-
destens bei gröblichem Mißbrauch seitens des Vereins
den Appell an den ordentlichen Richter zu erschließen9). Diese
7) I. ZSenat, Urteil vom 3. März 1904 (Entschd. 57, 154 ff.).
b) Ueber die Erfassung der vermögensrechtlichen Ansprüche als „Sonderrechte"
s. die folgende Anmerkung.
®) Vgl. vor allem die Schriften von Leist.
Ferner Dernburg a.a.O. Aehnlich EnneeceruS a. a.O. beiAnm. 14.
Auch Kipp in JheringS I. 35 (1896) S. 336 in der Anmerkung. — Eine gewisse
Hülfe bringt auch die Heranziehung des Phänomens der sog. „Sonderrechte".
Sie können keinesfalls dem Mitglied entzogen werden (8 35 BGB). Man hat

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