Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 13 (1897))

Civilistische Rundschau.

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Schulstreit zu Grunde; während die prokulianische Theorie im Anschluß an die
Lehre der Peripatetiker, dem eiboc, der Form, vor der bloßen LXp, Materie,
die als bloße Möglichkeit erst durch jenes zur Wirklichkeit wird (S. 260), den
Vorrang einräumt, ist nach der hier durch stoische Theoreme bestimmten
sabinianischen Auffassung das Gegentheil wahr. Sie fassen materialistisch
als das Wesentliche die ouöta, zu der die kLn; nur, den Stoff individuell be-
stimmend, hinzutritt, S. 279. Von ähnlichen Ideen geht die letztlich siegreiche
media sententia aus, die mit dem Gegensatz der blos lockeren Verbindungs-
formen der 7ragä6kt7l<; und pisi? zu der aus völliger Verschmelzung der ver-
bundenen Stoffe eine neue species hervorrufenden operirt, S. 292.
Eine Berücksichtigung des Arbeitsmomentes hat allen gleichmäßig ferngelegen,
wie denn sogar die prokulianische Lehre die ältere (?) ist, S. 286. Allen erscheint
nur „das Eigenthum als einziges schätzenswerthes Rechtsgut". Sollte dem
wirklich so gewesen sein und nicht doch die Rücksicht auf die redliche Arbeit als
vielleicht unbewußter, aber darum doch letzter und tiefster Grund hinter
den philosophischen Spekulationen wirksam gestanden haben? Nicht solche,
sondern wirthschaftliche Momente bestimmen doch letztlich die Entwicklung, nicht
zum mindesten auch die des Rechts! Wie Sokolowski sie versteht, hätten auch
die Prokulianer die nova species trotz Anerkennung ihres neuen Wesens dem
dominus materiae belasten müssen, dann „quod ex re mea fit, meum est,“
1. 12 § 3 D. X, 4, s. meine Volkswirthschastslehre des Corpus Iuris S. 135 ff. Die
Früchte stellen gewiß ein neues eldo<; dar gegenüber der Muttersache, die
Ruinen gegenüber dem zusammengebrochenen Hause — und doch fallen sie dem
alten dominus selbst dann prinzipiell zu, wenn ein Dritter sie zuerst okkupirt.
Aus den sehr beachtenswerthen Konsequenzen, die Sokolowski aus seiner
Entwickelungsgeschichte zieht, S. 296 ff., ist hier nur hervorzuheben, daß er dem
Stoffeigenthümer die Wahl zu überlassen vorschlägt, ob er gegen Vergütung
des Arbeiters die neue Sache übernehmen will oder nicht- Lehnt er ab, so
wird diesem gegen Vergütung des dominus das Eigenthum zugesprochen.
Nicht weniger als drei Arbeiten nehmen das Institut des Pfändungs-
pfandrechts in Angriff,^) jede freilich in einem besonderen Punkte. Fleisch-
mann's formell und inhaltlich gleich anerkennenswerthe Studie bezweckt, im
pignus in causa iudicati captum, das durch die moderne Forschung noch wenig
geklärte „Urbild unseres Pfändungspfandrechtes einmal frei von den Beisätzen
späterer Zeiten im Lichte der römischen Rechtsbücher zu schauen". Das erreicht
Vfr. durch einen kurzen historischen Ueberblick und eine ausführliche dogmatische
Darstellung in vier Kapiteln: Voraussetzungen der Pfändung (S. 10 ff.); die
23) Dr. M. Fleischmann, Das pignus in causa iudicati captum, Breslau,
Köbner 1896. VIII u. 104 S. Preis M. 3. — Th. Nessel, Senatspräsident
a. D., Das Pfändungspfandrecht und der Jnterventionsprozeß nach Preußischem
Recht, unter Berücksichtigung des Gemeinen und Rheinischen Rechts. Berlin,
Bahlen 1897. 101 S. Preis M. 2.20. — Dr. Emil Gütermann, Die rechtlichen
Grundlagen der Widerspruchsklage. München, Schweitzer 1896. VIII u. 134 S.
Preis M. 3.

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