Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 20 (1902))

56

Paul Oertmann.

zum großen Theile an frühere Arbeiten desselben Verfassers anschließt?') Seine
Grundidee ist, daß das Zunftwesen nicht plötzlich entstanden, sondern als „Er-
gebmß einer allmählichen Entwickelung und einer lange verbreiteten Bewegung
anzusehen sei", S. 140. Die Grundlage, auf der sich seine Entwickelung vollzieht,
wurde überall durch „Umwandlungen im öffentlichen Recht" bestimmt. Das
Buch dient zum großen Theile, namentlich in dem umfassenden Abschnitt 5, der
Vertheidigung der vom Verfasser bereits früher verfochtenen Lehren gegenüber
den Kritiken v. Below's, Rietschel's und anderer Gegner.

IH. Gemeines Recht.
Die Kipp'sche Bearbeitung von Windscheid's Pandektenwerk liegt nun-
mehr mit dem dritten Bande, dein ein stattliches Sach- und Quellenregister
beigefügt ist, vollständig vor.,0) Ich habe mich bereits in der vorigen Rund-
schau (XVIII, 353) über diese ausgezeichnete Leistung ausführlich geäußert, und
kann mich darauf umsomehr beziehen, als der dritte Band sich in Eigenart
und Gediegenheit an seine Vorgänger aufs Würdigste anschließt. Wenn etwas
im Stande war, dem Windscheid'schen Meisterwerke bei der unleugbaren
Ungunst der Zeiten Einfluß und Verbreitung einigermaßen zu erhalten, so ist
es diese Bearbeitung, welche die Darstellung nicht nur auf der Höhe der modernen
gemeinrechtlichen Wissenschaft erhält, sondern auch eine ausgiebige, an Werth
und Gedankenreichthum den besten selbständigen Arbeiten darüber voll eben-
bürtige Systematik des neuen Rechtes daran fügt. Diese Anfügung war im
dritten Bande gegenüber einer vielfach durchaus abweichenden neuen Rechts-
gestaltung noch schwieriger als in den beiden ersten, aber der Verfasser hat
sie darum nicht minder anerkennenswerth vollzogen. Oesters als dort, mußte
er dabei das neue Recht in längeren Partieen selbständig vortragen, so z. B.
in der Lehre von der Führung der Vormundschaft, der Haftung des Erben.
Nur da, wo das römische Recht gar keine Anknüpfungspunkte für die Bei-
fügung des neuen bot, wie im ehelichen Güterrecht, ist das letztere undargestellt
geblieben.
Sollte ich auch nur das einzeln anführen, was mir in Kipp's Darstellung
des neuen Rechtes besonderen Eindruck gemacht hat, so müßte ich lange Seiten,
vielleicht gar Bogen schreiben; ich verweise daher nur auf die scharfsinnigen
Bemerkungen zu § 1795, S. 153, über die Konstruktion der Erbverträge,
S. 316ff., wo mich die Polemik gegen Hellwig freilich nicht völlig überzeugt;
die durchschlagende Beweisführung zu 8 2309, S. 399, und die Vertheidigung des
^') Rud- Eberstadt, Der Ursprung des Zunftwesens und der älteren Hand-
werkerverbände des Mittelalters. Leipzig, Duncker & Humblot l900. V u. 201 S.
Pr. M. 5.
'") Weil. Prof. B. Wind scheid, Lehrbuch des Pandektenrechts. Achte
Auflage, unter vergleichender Darstellung des deutschen bürgerlichen Rechts
bearbeitet von Prof. Dr. Th. Kipp. Bd. 3. Frankfurt a. M., Rüsten u.
Löning 1901. XI u. 864 S. Pr. zus. M. 45.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer