Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 20 (1902))

Vereine ohne Rechtsfähigkeit.

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daß sie als Eigenthümer — in ihrer Eigenschaft als Mitglieder eines
nichtrechtsfähigen Vereins, oben Anm. 2 — eingetragen werden. Sind
nun aber von den im Erbscheine Bezeichneten einzelne aus dem Verein
inzwischen ausgeschieden (verstorben oder ausgetreten), so käme der
Grundbuchrichter in die Lage, darüber entscheiden zu müssen, ob der
Antheil der Ausgeschiedenen etwa nach § 738 in Verb, mit § 54 den
Verbliebenen zugewachsen ist oder ob auch die Ausgeschiedenen ent-
sprechend dem Inhalte des Erbscheins als Miteigenthümer einzutragen
sind, ob ferner auch die inzwischen neu eingetretenen Mitglieder als
Miteigenthümer eingetragen werden müssen. Der Erblasser wollte das
Grundstück zu Vereinsvermögen, also zu Miteigenthume sämmtlicher
Gesellschafter machen; würde der Grundbuchrichter nun die Berichtigung
des Grundbuchs genau nach dem Inhalte des Erbscheins bewirken, also
die hier aufgeführten Mitglieder als Eigenthümer eintragen, obwohl
klar liegt, daß einzelne von ihnen nicht mehr Mitglieder sind und daß
außer den hier aufgeführten noch andere Personen Mitglieder sind, so
würde das Grundbuch sofort wieder unrichtig sein! — Schlägt der
Erbe die Erbschaft aus, so hat das Nachlaßgericht dies dem Nächst-
berufenen mitzutheilen und, falls dieser unbekannt ist, das zur Sicherung
des Nachlasses und zur Ermittelung des nunmehrigen Erben Erforder-
liche zu thun (§§ 1953, 1960, 1964). Hat nun aber der Erblasser
einen Verein berufen und erklärt eine Reihe von Einzelpersonen gegen-
über dem Nachlaßgerichte, daß sie als Vereinsmitglieder die Bedachten
seien und sämmtlich die Erbschaft ausschlagen, so wird das Nachlaß-
gericht kaum in der Lage sein, die eben gedachten Schritte zu thun.
Denn es ist nicht bloß fraglich, ob die ausschlagenden Vereinsmilglieder
die berufenen Erben sind, sondern auch, ob sie die alleinigen Erben
sind, ob der Verein nicht noch andere Mitglieder hat, die nicht aus-
geschlagen haben, ob die Ausschlagungsfrist, die, wie oben erwähnt,
für die einzelnen verschieden sein kann, gewahrt ist u. s. w. Auch diese
Erwägung führt dazu, letztwillige Zuwendungen an nichtrechtsfähige
Vereine als ungültig anzusehen.
Hiernach erscheint auch die Richtigkeit der oben mehrfach er-
wähnten Entscheidung des Reichsgerichts nicht unzweifelhaft. In dem
dort vorliegenden Falle hatte der Erblasser einem religiös-wissenschaft-
lichen Vereine 1500 Mk. vermacht mit der Bestimmung, daß der Verein
jährlich am Sterbetage des Erblassers einen gewissen Betrag an arme

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