Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 20 (1902))

Locus regit actum.

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in diesem Falle nach dent Personalstatute zur Zeit der Errichtung be-
stimmen werde.37)
Wir können also sagen: insoweit, die Regel „locus regit actum“
in Anwendung kommt, ist die Vorschrift des Art. 11 vollständig;
insoweit die Form nach dem zu Grunde legenden Rechtsgeschäfte be-
stimmt wird, hängt es von der international-privatrechtlichen
Regelung des betreffenden Verhältnisses ab, ob die Vorschrift als voll-
ständig oder unvollständig zu betrachten sei. Falls wir mit einer
unvollständigen Kollisionsnorm zu thun haben, muß die Vervoll-
ständigung nach allgemeinen Grundsätzen erfolgen.^)
Es wird bei Anwendung des Art. 11 die Unterscheidung der
Formvorschriftelt von deut ntateriellrechtlichen Inhalte gewisse Schwierig-
keiten machen?") Es sei hier aus die geistvolle Analyse Zitelmann's
bingewiesen?") ' Zweifelsohne haben wir reicht mit einer Formvorschrift
zrr thun, wenrt ohne Mitwirkung des Gerichts oder der staatlichen
Behörde das Rechtsverhältniß nicht zu Stande kommen kann (§§ 1358,
1643 B.G.B.). Die Annahme und Eutpfangsbedürftigkeit der Willens-
erklärungen (§ 130), die Art der Anfechtung (§ 143 Abs. 1) sind
auch keine Fvrmvorschriften.")
Nach Zitelmann's Ansicht richtet sich die Folge der Verab-
säumung einer Form nach dem Statute, welches für das Rechtsgeschäft
selbst maßgebend war; es ist jedoch bei Beurtheilung der Frage, ob
wir mit Nichtigkeit oder mit Anfechtbarkeit zu thun haben, das mildere
Statut vorzuziehen. Dieser Meinung kann rticht beigetreten werden.
Wenn das Rechtsgeschäft wegen Formmangels rrach der lex loci actus
absolut rtichtig erscheint, nach dern materiell maßgebenden Rechte
aber nur anfechtbar, so kann hier nach Niemeyer's42) Artsicht
eine interpretatio benigna zu Gunsten der Erhaltung des Rechts-
geschäfts nicht stattfinderr. Man kann also z. B. nicht die Anfechtbar-
keit annehmen; das Rechtsgeschäft ist schlechthin nichtig.
37> Niemer)er, Vortraq S. 24; Barazetti S. 98, 99. A. M.
Niedner S. 60.
3S) Vgl. Niedner S. 31.
„Der Unterschied wird nicht immer zweifellos sein" meint Niedner
3. 31.
40) Bd. 2 S. 154—158.
4J) Planck S. 41; Niemeyer S. 112.
") A. a. O. S. 114, 115.
Archiv für bürgerliches Recht. XX. Band.

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