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Neuere Untersuchungen über das deutsche Sachenrecht.
hat nicht die ausgebreitete Literaturkenntniß, welche die Schrift von
Delbrück auszeichnet; er hat sich ein engeres Feld der quellenmä-
ßigen Durchforschung abgegränzt, er verfolgt auch — wenigstens
fürs erste — weniger unmittelbar praktische Tendenzen, als das
historisch-dogmatische Verständniß des älteren Rechts; aber ein ern-
stes Streben nach Wahrheit und gründliches Nachdenken machen
auch diese Arbeit sehr achtungswerth, und wenn gleich die Dar-
stellung zuweilen etwas mühsam erscheint, so hat auch sie Resul-
tate zu Tage gefördert, welche die Abmahnung Gerbers, sich wei-
ter mit diesen unfruchtbaren Dingen zu befassen, als unreif er-
weisen.
Nur theilweise gehört auch das Werk von Homeyer hieher>
welches sich streng an die Auslegung des hier zum erstenmal kri-
tisch bearbeiteten Tertes des Richtsteiges anschließt, aber eben deß-
halb genöthigt ist, auch auf die Klagen des Mittelalters näher ein-
zugehen.
Ich werde in der folgenden Besprechung zunächst von dem
Delbrückischen Buch ausgehen und je nach dem Fortgang der Prü-
fung die beiden andern Schriften berücksichtigen.
Delbrück wendet unsere Aufmerksamkeit dem Rechtsschutze des
Eigenthums zu. Die Römer gründen nach D. den Schutz des Ei-
genthums, in Gemäßheit seiner absoluten Natur, auf die Lehre
vom Erwerb des Eigenthums. Um Eigenthümer zu seyn, muß
man das Eigenthum erworben haben. Daher ist der Erwerb zu
beweisen. Diese logische Forderung an den Kläger wird aber in
der Praris so hart, daß sie den Schutz des Eigenthums beinahe
illusorisch macht; denn wenn es auch gelingt die Uebergabe der
Sache zu Eigenthum zu beweisen, so reicht dieser Beweis nicht
aus, weil neue Zweifel sich erheben, ob der vorige Besitzer selber
Eigenthümer gewesen sey. Man muß dann immer auf eine ur-
sprüngliche Erwerbsart des Eigenthums zurück gehen, und wie soll
der Kläger diese jederzeit Nachweisen können? Um diese Schwie-
rigkeit zu überwinden, sind die Römer aus die Usucapion gekom-
men. Die actio ptibliciana dient vornehmlich, das Eigenthum
zu schützen, während sie äußerlich nur den Usucapionsbesitz ding-
lich zu schützen scheint. Den Germanen dagegen ist die Lehre vom
Erwerb des Eigenthums unbekannt (?). Wie noch heute ein Laie
auf die Frage, wie der Mensch Eigenthum erlange, die verschie-