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Kurze Anzeigen.
unbegründet sey, könnte nicht bloß aus der Natur der Sache, son-
dern auch aus den Erfahrungen erhärtet werden, welche uns Frank-
reich in diesem Betreffe liefert. Indessen unsere Absicht geht jetzt
nicht dahin eine weitläufige Polemik hierüber fortzuspinnen, da, wie
schon bemerkt, die Theorie in Bezug auf die Frage fast einstimmig
ist. Wir wollten den Leser nur auf die beiden an der Spitze die-
ser Mittheilung angeführten Schriften aufmerksam machen, welche
uns darüber belehren wie das Princip der Trennung in den ver-
schiedenen Staaten, wo es noch nicht vollständig verwirklicht ist,
nach Anerkennung ringt.
Die erstere Schrift enthält einen Commentar zu dem bayer.
Gesetze vom 1 Jul. 1856, das wenigstens theilweise den Grund-
satz der Trennung von Justiz und Verwaltung zur Ausführung
gebracht hat. Da der Verfasser im Namen des I. Ausschusses
der Kammer der Abgeordneten über den Gesetzentwurf der Kam-
mer zu berichten hatte, so war er in der Lage auch die nicht zur
Oeffentlichkeit gelangten Aufschlüsse, welche sich-für die Auslegung
des Gesetzes aus den Ausschußberathungen ergaben, für seinen
Commentar benützen und für das Publikum benutzbar machen zu
können. Darin besteht denn auch der Hauptwerth der Schrift, und
daß man sie in verdientem Maße berücksichtige, erhellt daraus
daß bereits eine zweite Auflage nothwendig geworden ist.—Ob das
Gesetz diejenigen Wirkungen, welche der Verfasser davon erwartet
(S. 17 ff.), wirklich haben werde, wird der Erfolg lehren. —
Die zweite Schrift ist eine Art von Denkschrift eines Vereins
von Hamburger Juristen, zu dem Zwecke abgefaßt um die Tren-
nung der Justiz und Verwaltung in Hamburg zu verwirklichen.
Sie beschäftigt sich mit der allgemeinen Begründung des Postulats
der Trennung (S. 2—35), dann mit dem Nachweise daß dieselbe
zeitgemäß sey (S. 36 ff.), und daß die dagegen erhobenen Be-
denken fast durchweg auf irrigen Voraussetzungen beruhen (S. 48 ff).
Daran reihen sich die nach der Ansicht der Verfasser redigirten
Gesetzentwürfe sammt Motiven (S. 62—90). Wenn die Schrift
im wesentlichen nichts neues enthält, so kann ihr das nicht zum
Vorwurf gereichen; denn sie will bloß längst anerkannten Princi-
pien, die für das Staatsleben von so weittragender Bedeutung
sind, die Wege zur Ausführung bahnen, und für diesen Zweck ist
sie unseres Erachtens vollkommen geeignet. P.