Full text: Deutsche Juristen-Zeitung (Jg. 6 (1901))

19.5. Neue Gesetze, Verordnungen u. dergl. des Reichs und der Einzelstaaten

19.6. Sprechsaal

19.6.1. Die Errichtung einer juristischen Fakultät in Münster

182

Deutsche Juristen-Zeitung.

VI. Jahrg.

bracht ist. Mit der Berufung auf den kategorischen
Imperativ sei ebensowenig etwas bewiesen. Der katego-
rische Imperativ des Anwalts als solchen ist nicht ein
individueller, subjektiver, gleichsam anarchistischer, son-
dern ein durch die gesellschaftliche und Rechtsordnung
disziplinierter. Seine sittliche Pflicht ist identisch mit der
Erfüllung der Rechtspflicht, im Interesse des Klienten
thätig zu sein. Wie der Offizier in die Lage komme,
Befehle in Gemäfsheit der bestehenden Vorschriften aus-
führen zu müssen, die er in seinem Innern mifsbillige,
so darf auch für das Gewissen des Anwalts nur das
mafsgebend sein, was das geltende Recht über den Inhalt
und Umfang seiner Pflichten bestimmt.

Neue Gesetze, Verordnungen u. dgl.
Deutsches Reich: Vf. v. 15. 3. 1901, bt. europ. Läud., nach
denen Postaufträge nicht zugelass. s. (A.-Bl. d. R.-Post-A. S. 130).
— Vf. v. 20. 3.1901, bt. Erlafs neuer Ausf.-Bestimgn. z. Wechsel-
st empelsteuerges. (S. 131).
Preufsen: M.-Vf. v. 11. 3. 1901, bt. Anleg. d. Grundb. f. d.
Gem.-Bez. Eimelrod (A.-G. Vöhl). (Ges.-8. S. 44). — M.-Vf. v.
14.3. 1901, bt. Anleg. d. Grundb. f. Teile d. Bez. d. A.-G. St. Goars-
hausen, Dillenburg, Frankf. a. M. Höchst a. M., Nassau u.
Idstein (S. 45). — Vo. v. 4. 3. 1901 üb. Inkrafttret. d. Ges., bt.
Dienststellg. d. Kreisarztes u. Bildg. v. Gesundhtskommissionen,
v. 16. 9. 1899 (S. 47). — Vo. v. 2. 2.1901, bt. Einrichtg. e. Standes-
vertretg. d. Apotheker (S. 49). — Allg. Vf. v. 19. 3. 1901, bt. Ab-
ändrg. d. Allg. Vf. v. 5. 2. 1900 üb. allg. Beeidig, v. Sachverständen,
f. gerichtl. Anglghtn. (J.-M.-Bl. 8. 72). — Allg. Vf. v. 19. 3. 1901,
bt. Ausf. d. Ges. üb. Fürsorgeerzieh. Minderjähr. v. 2. 7. 1900
(S. 73). — Allg. Vf. v. 24. 3. 1901 üb. anderw. Reglg. d. Gehalts der
geringer besold. Gerichtsvollz. (S. 73). — Allg. Vf. v. 28. 3. 1901,
bt. Aendrg. d. Kanzl.-O. v. 9. 2.1895 (S. 74). — Allg. Vf. v. 28. 3 1901,
bt. Bezeichng. der Kap. u. Tit. d. Etats d. Justiz-Verwltg. (S. 74).
Bayern: M.-Bk. v. 22. 2. 1901, bt. Kosten d. Rechtshülfe i. d.
freiw. Gerichtsbkt. (G.- u. Vo.-Bl. S. 143). — M.-Bk. v. 13. 3 1901,
bt. Vollzug d. W echseist empelsteuerges. (S. 145) — M.-Bk. v.
8. 3. 1901, bt. Festsetzg. u. Vollziehg. d. korrektioneilen Nach-
haft (J.-M.-Bl. S. 282).
Sachsen: M.-Bk. v. 21. 2. 1901, bt. Verträge üb. religiöse Erziehg.
v. Kindern (J.-M.-Bl. 8. 17). — M.-Vo. v. 13. 3. 1901, bt. Weglassg.
v. Unterschrftn. in öffentl. Bekanntmchngn. (S. 18). Spez.-Vo. v.
20. 2. 1901, bt. Stempelpflichtigk. d. Anerkenne, v. Privaturkdn.
(S. 20).
Württemberg: K. Vo. v. 20. 2. 1901, bt. Gebühr, f. amtl. Schätzg.
v. Grundstckn. (A.-Bl. d. Just.-M. 8. 17). — M.-Vf. v. 15. 2. 1901, bt.
Mittig, v. Strafnachr. an d. oesterr. Regierg. (8. 19). — M.-Bk. v.
12.3.1901, bt. Grundb.-Einträge üb. im Eigent. d. Staates stehende
Grundstcke. (8. 19).
Baden: M.-Bk. v. 11. 3. 1901, bt. Führg. d. Grund- u. Pfand-
bücher i. d. Zwischenzeit (Ges.- u. Vo.-Bl. S. 271)
Sachsen-Weimar: M.-Vo. v. 8. 3. 1901, bt. Erlass e. neuen
Geschäftsanwsg. f. Gerichtsvollz. (Reg.-Bl. 8. 37).
Reufs ä. L.: Reg.-Vo. v. 2. 3. 1901, bt. Bestellg. u. Obliegenhtn.
d. Feldgeschworenen (Ges.-S. 8. 17).
Schaumburg-Lippe: Allg. Verf. v. 15. 3. 1901, bt. die auf Er-
such. der Behörde e. and. Bundesstaats erfolg. Einziehg. v. Kosten
i. Angelgh. d. freiw. Gerichtsbkt. u. in Grundbuchs ach. (L.-Vo.
8. 47). _

Sprechsaal.
Die Errichtung einer juristischen Fakultät in
Münster. Aus der westfälischen Praxis, und zwar von
hervorragender Seite ist an mich die Aufforderung ge-
richtet, das Projekt einer Erweiterung der Akademie zu
Münster zu einer Universität durch Hinzufügung einer
juristischen Fakultät, wie solches in einer Denkschrift des
Senates der Akademie näher begründet und in der Sitzung
des Abgeordnetenhauses vom 6. März und des Herren-
hauses vom 29. März d. J. von westfälischen Abgeordneten
verschiedener Parteien, ohne auf Widerspruch zu stofsen,
empfohlen ist, einer Besprechung zu unterziehen.
Von den Gründen, welche für die Errichtung der
Fakultät geltend gemacht sind (eigentlich handelt es sich
um eine Wiedererrichtung, denn von 1780 bis 1818 be-
stand in Münster eine juristische Fakultät, daneben gab
es bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts eine solche in
Duisburg, das ebenfalls zum westfälischen Recbtsgebiet
gehört), kann ich nach meinen Erfahrungen leider einen
nicht als besonders beweiskräftig gelten lassen, nämlich
die Bedeutung, welche die juristische Fakultät für die

Studierenden der anderen Fakultäten haben soll. Von
einem Besuch juristischer Vorlesungen durch Nichtjuristen
ist auch bei den bestehenden Volluniversitäten so gut wie
gar nichts zu merken, obwohl namentlich Historiker und
Philologen dazu allen Anlafs hätten. Das gilt sogar für
das Kirchenrecht in Bezug auf die Theologen. Das
Kirchenrecht gehört nach System, Methode und Grund-
begriffen zur Rechtswissenschalt und nicht zur Theologie,
und kann daher nur von einem vollständig durchgebildeten
Juristen wissenschaftlich betrieben werden. Sehr richtig
sagt der Senat von Münster: „Ein eingehendes und gründ-
liches Verständnis des kanonischen Rechts ist ohne Kennt-
nis der verwandten römischen und neueren Rechts-
disziplinen kaum zu erreichen.“ Dennoch ziehen es seit
einem Jahrzehnt auch die mit juristischen Fakultäten zu
einer Hochschule vereinigten katholisch - theologischen
Fakultäten vor, sich zu isolieren, ihre Studierenden ab-
zuhalten, bei Juristen Kirchenrechtswissenscbaft zu treiben,
und sich damit zu begnügen, dafs ihre Angehörigen von
einem Theologen, und zwar in Ermangelung eines juristisch
gebildeten Theologen meistens von dem Kirchenhistoriker
in der Kirchenrechtslehre unterwiesen werden. So lange
solche Anschauungen nicht beseitigt sind, wird die Hoffnung
des akademischen Senats von Münster, dafs bei Gründung
der juristischen Fakultät die Kirchenrechts-Professur in
der theologischen Fakultät, welche übrigens zur Zeit in
Münster mit einem anerkannten Kanonisten besetzt ist,
erspart werden könnte, sich wohl nicht erfüllen.
Anders steht es mit dem geistigen Konnex der Lehrer
der verschiedenen Fakultäten und der Pflege, welche das
eigenartige westfälische Recht und seine interessante, viel-/
fach noch nicht erforschte Geschichte durch die neue
Fakultät finden würde.
Aber auch davon abgesehen, halte ich den Wunsch
nach Gründung einer juristischen Fakultät in Münster für
wohlberechtigt. Für eine so grofse und blühende Provinz
wie Westfalen ist der Mangel einer eigenen Universität
eigentlich eine levis notae macula. Westfalen zeichnet
sich vor allen Dingen durch einen sehr grofsen Andrang zu
den humanistischen Studien aus, deren Ausmerzung aus der
juristischenVorbildung das Ende der deutschen Rechtswissen-
schaft bedeuten würde. Die Zahl der Gymnasialabiturienten
ist gröfser als in Schlesien. Westfalen hat insbesondere
nicht nur sehr zahlreiche, sondern infolge der eigentüm-
lichen Begabung des westfälischen Stammes in dieser
Hinsicht auch viele tüchtige Juristen geliefert. Ich er-
innere nur an Pape. Die Provinz hat daher gerechten
Anspruch auf eine juristische Bildungsstätte in ihrer Mitte
und im Anschlufs daran auf eine eigene Prüfungskom-
mission, so dafs es namentlich auch dem westfälischen
Juristen ermöglicht sein würde, seine Studien in Ruhe in
seiner Heimat und in der für Studierende sehr geeigneten
Stadt Münster zum Abschlufs zu bringen.
Lebensfähig würde die neue Fakultät sicherlich sein.
Dagegen ist bei dem Wandertrieb, der den Westfalen
auszeichnet, nicht anzunehmen, dafs sie den westfälischen
Juristen ganz an die Scholle fesseln und andere Universitäten
erheblich beeinträchtigen würde. Namentlich ist dieses für
Bonn, bei der jetzigen Zerstreuung der westfälischen
Juristen auf fast alle Universitäten, nicht, wenigstens nicht
in einem bemerkbaren Mafse, zu befürchten.
Auch vom allgemeineu, nicht spezifisch westfälischen
Standpunkte aus kann eine mäfsige Vermehrung der
mittleren und kleineren juristischen Fakultäten nur
empfohlen werden. Der gegenwärtige Rechtsunterricht,
bei dem neben den theoretischen Vorlesungen aufUebungen
der mannigfachsten Art in allen Rechtsdisziplinen und
persönlichen wissenschaftlichen Verkehr zwischen Lehrer

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