24.1.8.
Oberlandesgerichtspräsident Morkramer [gestorben]
(Wirkl. Geh. Rat Dr. Hamm)
24.1.9.
Richard Loening [gestorben]
(Prof. Dr. Hedemann)
24.2.
Juristische Rundschau
Von Rechtsanwalt Dr. Hachenburg, Mannheim
1183
XVIII. Jahrg. Deutsche Jur i sten-Ze i tung. 1913 Nr. 19.
1184
Recht nicht unübersteigliche Schranken setze, und
daß, wo das Prozeßgesetz mit seinem Mangel an
innerer Harmonie zu Unvernünftigem zwingt, nicht
die Vernunft weichen werde, sondern das unver-
nünftige Gesetz. Für die Art, wie er das Wesen des
zivilprozessualen Streites auffaßt, ist charakteristisch
sein Kampf gegen die Prozeßlüge.
Je älter er wurde, um so mehr betätigte er das
Interesse an den modernen Problemen wirtschaft-
licher, sozialer und berufsständischer Natur. So in
der Schrift über die rechtliche Stellung des Arztes
(1905) und in dem Gutachten über die Rechtsfähig-
keit der kassenärztlichen Vereine. So in dem Vortrag
über die Gläubigernot, wo er — vielleicht nicht
ohne einseitiges Uebersehen der Schuldnernot —
mit großer Energie vor der Schuldnerbegünstigung
warnt. Der Verein „Recht und Wirtschaft“ be-
trauert in ihm einen der Mitbegründer und Vor-
sitzenden des Vereins, die Deutsche Juristen-Zeitung
einen hochgeschätzten Mitarbeiter.
Zu den Vorzügen des Geistes gesellten sich bei
Hellwig die Gaben des Herzens und Charakters:
einfache Schlichtheit und Sachlichkeit, unbeirrbarer
Wahrheitssinn, vornehme Uneigennützigkeit, offene
Ehrlichkeit, hilfsbereites Wohlwollen, liebenswür-
diger Frohmut. Er war aufgeschlossen für Familie,
Freundschaft und alles Schöne in Natur, Kunst und
Geselligkeit.
Mit Hellwig ist ein anerkannter Meister seines
Faches und ein trefflicher Mensch allzufrüh heim-
gegangen. Viel verdankt ihm die deutsche Rechts-
wissenschaft, um die er sich dauernde Verdienste
erworben hat. Viel verdankt ihm die Berliner Fakultät.
Ueber das Grab hinaus werden ihm alle, denen er
im Leben als Freund, Kollege oder Lehrer nahege-
treten ist, dankbare Verehrung bewahren.
Geh. JRat, Professor Dr. Emil Seckel, Berlin.
Oberlandesgerichtspräsident Morkramer f.
Wirkl. Geh. Oberjustizrat Dr. Morkramer,
der Präsident des OLG. in Köln, der wegen eines
schweren Halsleidens seinen Abschied erbeten und
zum 1. Okt. erhalten hatte, ist am 20. Sept. seinem
Leiden erlegen.
Am 22. Nov. 1846 zu Köln geboren, GAss.
von 1876, wurde er am 1. Okt. 1879 AR. in Rheydt,
und von da am 1. März 1883 an das AG. in Köln
versetzt. Er ist seitdem ununterbrochen in seiner
Heimatstadt geblieben. Am 1. Juli 1884 zum LR.,
10 Jahre darauf zum OLGR. ernannt, übernahm er
am 1. Sept. 1902 als Senatspräsident neben seiner
Tätigkeit in Rechtsprechung und Justizverwaltung
den Vorsitz der Kommission für die 1. juristische
Prüfung, der er schon vorher als Mitglied angehört
hatte. Seine Verdienste als Vorsitzender der Prüfungs-
kommission erkannte die juristische Fakultät der
Univ. Bonn durch Verleihung des Ehrendoktortitels
an. Am 1. Jan. 1909 erfolgte seine Ernennung zum
Präs, des OLG. Ein hochbegabter, ebenso scharf-
sinniger wie kenntnisreicher Jurist, bewährte er in
der Rechtsprechung stets einen offenen Blick für die
Rechtsbedürfnisse des praktischen Lebens. Mit un-
ermüdlicher Arbeitskraft und großem Geschick leitete
er die umfassenden Geschäfte der Justizverwaltung.
Seine Pflichttreue und Schaffensfreudigkeit, die Milde
und Gerechtigkeit seines Urteils, seine von Herzen
kommende Freundlichkeit im amtlichen wie im ge-
selligen Verkehr, sein Wohlwollen gegen die Unter-
gebenen und seine stete Zugänglichkeit für alle Recht-
suchenden erwarben ihm allgemeine Hochschätzung
und Verehrung. Dem musterhaften Beamten und aus-
gezeichneten Menschen ist in den weitesten Kreisen
ein treues Gedenken gesichert
Wirkl. Geh. Rat Dr. Hamm, Bonn.
Richard Leerung* t-
Am 18. Sept. ist in Jena der ordentliche Prof,
des Straf- und Prozeßrechts, Richard Loening,
gestorben. Loening war eine ausgeprägte Persön-
lichkeit; er hinterließ bei seinen Schülern einen
starken und unvergeßlichen Eindruck. Die Anfor-
derungen, die er an die studierende Jugend stellte,
waren nicht gering, doch aber verstand er es, durch
seine sprühende Lebendigkeit auch die weniger Be-
gabten mit fortzureißen. An der Ausgestaltung seines
Kollegapparates arbeitete er unermüdlich, und es
war ein Genuß, ihm zuzuhören, wenn er in engerem
Kreise die Wandlungen besprach, die sein Kolleg-
stoff unter den ununterbrochenen Reformbestrebun-
gen in der Wissenschaft und der Gesetzgebung
durchgemacht habe. Im Examen war er ein strenger
Zensor, aber von mustergültiger Sachlichkeit und
Gerechtigkeit. — Als Gelehrten kennzeichnet Richard
Loening einmal ein gewisser konservativer Zug
und ferner sein ausgepägter historischer Sinn. Die
konservative V eranlagung machte ihn gegenüber dem
lauten Rufe nach Novellen zum Skeptiker. Dabei stand
er gesunden fortschrittlichen Bestrebungen keineswegs
ablehnend gegenüber. So hat er z. B. die Bestre-
bungen des Vereins „Recht und Wirtschaft“, dem
er auch als Mitglied angehörte, mit Interesse, wenn
auch nicht mit uneingeschränkter Zustimmung ver-
folgt. Die Neigung zur geschichtlichen Erfassung
des Rechts trat belebend in allen seinen Gesprächen
zutage. Sie beherrschte auch, gepaart mit philo-
sophischem Empfinden, seine vielen geistreichen und
gelehrten Werke, die sein literarisches Andenken
auf lange hinaus sicherstellen.
In Jena, dessen Universität er, von Heidelberg
kommend, über ein Menschenalter angehört hat,
war Loening eine der geachtetsten Persönlichkeiten.
Er hat zweimal das Rektorat und außerdem manche
andere ehrenvolle Stellung bekleidet. Seine Ver-
dienste um den Ausbau der Universitätsverfassung,
dem er ein gutes Stück seiner rastlosen Arbeits- und
Willenskraft widmete, werden unvergessen bleiben.
Professor Dr. J. W. He de mann, Jena.
Juristische Rundschau.
Die Jubiläumsamnestie brachte in Preußen
für 24000 Menschen Erlaß und Milderung der Strafe.
Sie umfaßt Personen, die zu Zuchthaus verurteilt
waren, und solche, die Geldstrafen erlitten hatten.
In Heer und Marine trat in 728 Fällen der Gnaden-
erlaß in Wirkung. Davon entfielen 598 auf die Armee,
130 auf die Marine. Maßgebend war die Würdigkeit
der Bestraften. Man freut sich des Grundsatzes, nach
dem hierbei verfahren wurde. Auch über die große
Zahl derer, bei denen eine solche Berichtigung der
Strafe möglich war. Ein bitterer Nachgeschmack