Full text: Deutsche Juristen-Zeitung (Jg. 18 (1913))

21.8.6. Aschrott, Die Schutzaufsicht

21.8.7. Moldenhauer, Fortschritte der Sozialversicherung

21.8.8. Loeck, Reichsstempelgesetz, 11. Aufl.

21.8.9. Engelhard, Das Chantage-Problem

21.8.10. Kaufmann, Licht u. Schatten bei der Arbeiterversicherung

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XVIII. Jahrg. Deutsche Jur isten-Zeitung. 1913 Nr. 15.

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12—18, 21—23, 26 zusammen. Davon fallen Nr. 1—89
auf §§ 1—4, Nr. 90—135 auf §§ 6—9, eine Bestätigung
dafür, daß in diesen Bestimmungen: Generalklausel,
Reklame und Ausverkaufswesen, der Schwerpunkt des
neuen Ges. liegt. Die Entscheidungen lassen erkennen,
daß die Gerichte sich seit dem Inkrafttreten des neuen
Gesetzes bereits mit vielen für das Geschäftsleben wichtigen
Angelegenheiten beschäftigt haben, so mit den Begriffen
„Fabrikpreis“ (S. 27), „Selbstkostenpreis“ (S. 44), „Pil-
sener Bier“, „Münchener Bier“ (S. 49 ff.; Gattungs-
bezeichnungen oder Herkunftsangaben?), „Ausverkauf“
(S. 74 ff.), „Saison- und Inventurausverkauf“ (S. 90 ff.).
Die Sammlung, welche auf geschickter Auswahl beruht, ist
daher als willkommenes Hilfsmittel geeignet, bei der Hand-
habung des Gesetzes gute Dienste zu leisten. Soweit die
Entscheidungen bereits in Zeitschriften und dgl. erschienen
sind, wäre manchmal eine genauere Bezeichung der Stellen
zweckdienlich gewesen.
Oberlandesgerichtsrat Finger, Kolmar.

Strafrecht und -Prozefs.
Die Schutzaufsicht in einem neuen deutschen
Strafrechte. Von Landgerichtsdirektor a. D. Dr. P.
F. Aschrott. 1912. Berlin, Guttentag. 1,50 M.
Der „Schutzaufsicht“ als künftigem Rechtsinstitut gilt
die vortreffliche Wegweisung. Gefordert wird die Be-
schränkung ihres Anwendungsgebietes auf vorläufige Ent-
lassung, bedingte Verurteilung, sichernde Maßnahmen und
jugendliche Uebeltäter. Die Einbeziehung gewohnheits-
und gewerbsmäßiger Verbrecher und aller derer, die nicht
ohne Gefährdung öffentlicher Sicherheit in der Freiheit
gelassen werden können, wird mit Recht entschieden ab-
gelehnt. Sie würde die gebotene Gleichartigkeit der Ein-
richtung nur hindern. Auch müßte bei solcher Aus-
dehnung die Institution ohne polizeiliche Mitwirkung an
dem Mangel geeigneter Kräfte scheitern. Es ist aber mit
dem Verf. bei der Ausgestaltung der Schutzaufsicht be-
sonderes Gewicht zu legen auf den Ausschluß der Polizei
und die Hebertragung auf berufsmäßige Fürsorgebeamte,
bei gleichzeitiger Schaffung von Rechtsgarantien für die
Schutzbefohlenen und Sicherung der Mitwirkung freiwilliger
Hilfskräfte. Denn die Schutzbehandlung will und soll
sozialer Fürsorge dienen. Daß der berufsmäßige Fürsorge-
beamte hierbei nicht entbehrt werden kann, wird über-
zeugend nachgewiesen. Die gesamten Darlegungen ver-
dienen allseitige Beachtung. Vielleicht führen sie in ihrer
weiteren Vertiefung zugleich zur Beseitigung des Auf-
drucks „Schutzaufsicht“. Nur dann wird die angestrebte
Differenzierung zwischen sozialer Schutzbehandlung und
polizeilicher Ueberwachung sicher durchzuführen sein.
Amtsgerichtspräsident Dr. Becker, Dresden.

Das Chantage-Problem im geltenden und künf-
tigen deutschen Strafrecht. Von Dr. Herbert
Engelhard. 1912. Breslau, Schietter. 3,20 M.
Das Problem der Chantage ist für die einzelnen po-
sitiven Rechte verschieden und hängt vor allem davon ab,
wie der gesetzl. Tatbestand der Erpressung jeweils ge-
staltet ist. Die enge Fassung dieses Delikts im früheren
französ. Recht hat in der dortigen Praxis das Chantage-
Problem zum Aufrollen gebracht. Die weite Fassung des
§ 253 RStrGB. dagegen trifft auch die Chantage. Eine
allgemein anerkannte Festlegung hat dieser Begriff bisher
nicht gefunden. Verf. versteht darunter nach deutschem
Recht alle Fälle der Drohung mit nicht rechtswidriger
Handlung (S. 27). Behufs Klarstellung des deutschrechtl.
Chantage-Problems unterzieht er die beiden Tatbestands-
merkmale des rechtswidr. Vermögensvorteils und der
Drohung i. S. § 253 RStrGB. einer kritischen Untersuchung.
Der „rechtswidr. Vermögensvorteil“ ist ihm „ein Ver-
mögensvorteil, auf den ein Anspruch nicht besteht“; für
die Drohung fordert er Einschränkung i. S. des Relations-
gedankens. Dieses in Anlehnung an Bin ding gewonnene
und an der Hand reicher Kasuistik nachgeprüfte Ergebnis

hält Verf. auch de lege ferenda aufrecht (S. 121 f.). Als
neuen Absatz zu § 253 schlägt er folgende Legaldefinition
vor: „Drohung im Sinne dieser Bestimmung liegt nur
dann vor, wenn die Abwendung des in Aussicht gestellten
Hebels durch Zuwendung des erstrebten Vermögens Vorteils
dem Wesen des Hebels nicht entspricht.“
Staatsanwalt und Privatdozent Dr. Doerr, München.

Staats- und Verwaltungsrecht.
Reichsstempelgesetz v. 15. Juli 1909 in der durch das
Zuwachssteuergesetz v. 14. Febr. 1911 geänderten
Fassung. 11., umgearbeitete und vermehrte Aufl. von
Reichsbevollmächtigtem, Geh. Regierungsrat P. L o e c k.
1912. Berlin, Guttentag. Geb. 6 M.
Das Buch, für dessen Brauchbarkeit und Beliebtheit
die Zahl seiner Auflagen spricht, hat seine bisherige Ein-
teilung beibehalten. Es enthält in 4 Abschnitten je für
sich den Text des Reichsstempelgesetzes, die dazu ge-
hörigen Nebengesetze und Ausführungsbestimmungen, die-
Gesetzesmaterialien sowie Verfügungen und Entschei-
dungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten. Ob an
dieser für die praktische Handhabung unbequemen
Gruppierung, die ein Vordringen zu den einschlagenden
Erläuterungen erst mit Hilfe doppelter Verweisungen er-
möglicht, auch künftig festzuhalten ist, wird, nachdem sich
neuerdings dem Werk andere eingehend erläuterte Be-
arbeitungen des Reichsstempelgesetzes an die Seite gestellt
haben und ihm seine bisherige bevorzugte Stellung streitig
machen, wohl zu erwägen sein. Vermißt wird die eigene
Stellungnahme des Verf. zu streitigen Punkten und die
Aufwerfung von Zweifelsfragen, die noch nicht Gegenstand
einer oberbehördlichen Entschließung oder einer ober-
gerichtlichen Entscheidung gewesen sind (z. B. über die
Behandlung der Vereinbarung und der Ausübung des-
Vorkaufsrechts nach Tarifstelle 11). Theoretische Abhand-
lungen in den Fachzeitschriften finden keine Erwähnung.
Das Buch beschränkt sich demnach auf die teststehenden
Ergebnisse von Rechtsprechung und Verwaltungsübung.
Insoweit ist es ein sicherer Führer durch das schwierige
Gebiet der Reichsstempelsteuer.
Geh. Finanzrat Dr. Kloß, Vortr. Rat im Finanzminist.,
Dresden.

Internationale Fortschritte der Sozialversicherung»
Vorträge von Prof. Dr. P. Moldenhauer. 1912.
Hannover, Helwing. 2 M.
Licht und Schatten bei der deutschen Arbeiterver-
sicherung. Vortrag vom Präs, des Reichsversicherungs-
amts Dr.Dr. Kaufmann. 1912. Berlin, Springer. 60 Pf.
Beide Schriften enthalten Vorträge und gleichen sich
auch insofern, als sie geeignet sind, weite Kreise über
wichtige Fragen der Sozialversicherung aufzuklären. Wäh-
rend Kaufmann sich auf die deutsche Versicherung be-
schränkt und in großzügiger Weise diese Institution gegen-
über verschiedenen neu aufgetretenen Angriffen sehr ge-
schickt verteidigt, zeigt Moldenhauer, wie der deutsche-
Zwangs Versicherungsgedanke auf seinem Siegesflug in immer
mehr Länder gelangt ist. Er schildert die Ausbreitung in
Deutschland, Oesterreich-Ungarn, der Schweiz und Eng-
land; durch die vergleichende Darstellung einiger wichtiger
Hauptgrundsätze der Sozialversicherung dieser Länder er-
reicht er, daß die auch den Nichtfachmann interessierenden
allgemeinen Probleme plastisch hervortreten. Die Aus-
führungen in bezug auf die Entbehrlichkeit jeglicher Arbeits-
losenversicherung in Deutschland erscheinen allerdings
sehr anfechtbar; hier dürfte Verf. sich über die von ihm
besonders stark hervorgehobene große Verschiedenheit des
englischen und des deutschen Arbeitsmarktes doch wohl
täuschen. Bei der grundsätzlichen Gegnerschaft Molden-
hauers gegenüber jeglicher Verschmelzung der ver-
schiedenen sozialen Versicherungszweige ist es auch zu
bedauern, daß er das neue rumänische Gesetz, welches
eine solche Verschmelzung zum erstenmal durchgeführt
hat, nicht berücksichtigen konnte. Beiden Schriften sind

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