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XVIII. Jahrg. Deutsche Juristen-Zeitung. 1913 Nr. 13.
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Im 3. Abschnitte (Majestätsbeleidigung)
wurden zunächst in § 148 (§ 115 VE.) Tätlich-
keiten dieselben Ehrenfolgen ausgesprochen, wie
§ 131 sie vorsieht; das gleiche geschah in § 150
(§§ 116, 127 VE.), Beleidigung, wo gleichzeitig
die Böswilligkeit als weiteres subjektives Tatbestands-
merkmal gestrichen wurde.
Der den 4. Abschnitt (Angriffe gegen ge-
setzgebende Körperschaften) bildende § 151
(§ 118 VE.) wurde in zwei Paragraphen zerlegt. Der
eine stellt Angriffe gegen die gesetzgebende Ver-
sammlung als solche — Hinderung an Ausübung
oder Nötigung zur Ausübung der Befugnisse — unter
schwerere Strafe, stellt auch den Versuch der Voll-
endung gleich („wer es unternimmt“), während der
andere die Nötigung einzelner Mitglieder im Auge
hat, die als Erfolgdelikt gestaltet wurde und milderer
Strafe unterliegt.
Eine besondere Erwähnung der Senate der freien
Hansastädte wurde nicht für nötig erachtet, da diese
als Versammlungen, die sich auch mit Gesetzgebung
befassen, ebenso wie der Bundesrat, ohne weiteres
unter den Abschnitt fallen.
Im 5. Abschnitte (Wahlvergehen) hatte die
Kommission in 1. Lesung zwischen den Wahlen zu
deutschen gesetzgebenden Versammlungen oder an-
deren politischen Körperschaften einerseits und zu
deutschen öffentlichen Körperschaften oder deren
Vertretung andererseits unterschieden. Diese Unter-
scheidung wurde in 2. Lesung aufgegeben. Die Be-
stimmungen des 5. Abschnittes sollen sich ohne Unter-
schied beziehen auf Wahlen für eine deutsche ge-
setzgebende Versammlung oder eine andere deutsche
öffentliche Körperschaft oder deren Vertretung.
In § 152 (§119 VE.) wurde außer der Hinderung
die Nötigung aufgenommen, desgl. die arglistige
Täuschung des Wahlberechtigten, die bewirkt, daß
er seine Stimme für eine andere Person als er beab-
sichtigt oder in ungültiger Form abgibt. Neben Ge-
fängnis wurde wahlweise Einschließung gestellt. Das
gleiche geschah in §153 (§120 VE.), Wahlfälschung,
in welchem noch die besonders häufigen Mittel der
Wahlfälschung: wiederholte Stimmabgabe und Stimm-
abgabe unter falschem Namen, besonders hervorge-
hoben wurden. In den §§ 154 bis 157 (§§ 120,
121, 122 VE.), Wahlbestechung, Nebenstrafen,
Wahlstörung und Wahlen zu Behörden, traten
wesentliche Aenderungen nicht ein, abgesehen davon,
daß in §156 (Wahlstörung) das Wort „böswillig“ durch
„absichtlich“ ersetzt wurde. Es genügt, daß es dem
Täter auf die Störung der Wahlhandlung ankommt.
§ 154 (Wahlbestechung) soll auch die Fälle
treffen, in denen der Täter irrtümlich annimmt, der
Bestochene sei wahlberechtigt; deshalb wurde statt
sein Wahlrecht gesagt: das Wahlrecht.
Bei Beratung des 6. Abschnitts (Verletzung
der Amtspflicht) wurden zunächst in § 158
(§ 196 VE.), Geschenkannahme, die Worte
„nicht pflichtwidrige“ vor Amtshandlung gestrichen.
Die §§ 159—161 (§§ 197, 198, 200 VE.), Be-
stechung, Richterbestechung und Rechts-
beugung, erfuhren nur redaktionelle Abänderungen.
Ein Antrag, § 160 zu streichen, weil er nur einen
Spezialfall von § 159 enthalte, wurde abgelehnt, da
die Kommission davon ausging, daß § 160 auch die
Fälle des § 158 umfasse. Im § 12 soll gesagt
werden: das Gesetz versteht unter Richtern alle Per-
sonen, die berufen sind, ein richterliches Amt aus-
zuüben; unter dem Schiedsrichter in §§ 160, 161
soll der vertragsmäßig bestellte verstanden sein, da
der gesetzlich bestellte ohnehin unter den Begriff
„Richter“ fällt. Die Amtsunterschlagung, § 162
(§ 209 VE.), wurde von der Mehrheit der Kom-
mission als uneigentliches Amtsdelikt erachtet, der
Antrag, die Bestimmung mit Rücksicht hierauf ganz
zu streichen, jedoch abgelehnt; dagegen wurde Abs. 3
(höhere Strafe bei unrichtiger Buchführung usw.)
gestrichen und dafür in Abs. 1 die Strafdrohung
für besonders schwere Fälle auf 10 Jahre Zucht-
haus erhöht. Der Tatbestand des § 163 (§ 203 VE.),
Falschbeurkundung, blieb im wesentlichen un-
verändert, nur wurde in Abs. 2 noch das „Beiseite-
schaffen“ aufgenommen. Der Versuch soll strafbar
sein. Statt in besonders schweren Fällen wurde in
Abs. 3 Zuchthaus bis zu 10 Jahren, bei mildernden
Umständen Gefängnis nicht unter 3 Monaten an-
gedroht, wenn der Täter in der Absicht handelte,
durch Schädigung eines anderen sich oder einem
Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder
einem anderen Nachteil zuzufügen. In § 164
(§ 204 VE.), Erheben nicht geschuldeter Ab-
gaben, wurde in Abs. 2 vor Ausgabe das Wort
„amtlich“ eingestellt. § 165 (§ 201 VE.), Er-
pressung von Aussagen und falsche Ver-
folgung, erhielt einen zweiten Absatz, wonach in
besonders leichten Fällen unterlassener Verfolgung
von Uebertretungen von Strafe abgesehen werden
kann. § 166 (§ 202 VE.), gesetzwidrige Straf-
vollstreckung, soll, soweit es sich um die Voll-
streckung nicht zu vollstreckender Strafen handelt,
gegen jeden Beamten anwendbar sein und die Be-
schränkung auf Beamte, die bei der Strafvoll-
streckung mitzuwirken haben, nur im Falle unter-
lassener Vollstreckung von zu vollstreckenden
Strafen eintreten. In Abs. 2 (fahrlässige Begehung)
wurde die Einschließung gestrichen. Die Beratung
des § 167 (§ 205 VE. Arnimparagraph) wurde aus-
gesetzt. Die §§ 168—170 (§§ 206, 207 VE.), Ver-
letzung des Post-, Telegraphen- und Fern-
sprechgeheimnisses, blieben unverändert, wurden
aber in einen Paragraphen zusammengezogen. § 171
(§ 210 VE.), Straferhöhung gegenüber Be-
amten, soll in den 10. Abschnitt des Allgemeinen
Teils eingestellt werden. Bei Zuchthaus oder Ein-
schließung darf die Strafe das gesetzliche Höchst-
maß der Strafart und, wo Gefängnis von mehr als
5 Jahren angedroht ist, diese besonders angedrohte
Höchstgrenze nicht übersteigen. Der Tatbestand des
§ 172 (§ 208 VE.), Verleitung Untergebener,
blieb unverändert. Die Strafe soll nach dem für
Versuch, Beihilfe usw. aufgestellten Strafrahmen
des § 107 b KB. gemildert werden, wobei die Kom-