15.8.
Literatur-Beilage
15.8.1.
Fischbach, Treuhänder und Treuhandgeschäfte
(SenPräs. Dr. Mittelstein)
15.8.2.
Walsmann, Der Verzicht
(Prof. Dr. Jacobi)
15.8.3.
Haasis, Das Schmiergelderunwesen
(RA. Magnus)
15.8.4.
Korsch, Anwendung der Beweislastregeln
(Prof. Dr. Rosenberg)
15.8.5.
Lindenberg, Preuß. Gesinderecht, 8. Aufl.
(KGR. Dr. Delius)
593
594
Literatur-Beilage zur djz. M.MWM
Zivilrecht und -Prozefs.
Der Verzicht. Von Professor Dr. H. Walsmann. 1912.
Leipzig, Deichert. 7 M.
Verf. unterscheidet zwei Verzichtsarten: 1. Verzicht
auf Rechte. Der Inhalt der Verzichtserklärung ist die Auf-
gabe des Rechts, die Wirkung dessen unmittelbarer Ver-
lust. 2. Verzicht auf Verfahrens Vorschrift zur Verein-
fachung des Verfahrens, z. B. auch § 151 BGB. Bez. der
Verzichtbarkeit legt Verf, m. E. mit Unrecht, Wert darauf,
ob die Rechte Zustandsrechte sind oder nicht. Auch wenn
der dauernde Zustand den Anspruch auch nach dem Ver-
zicht wieder erzeugt, so ist denkbar, daß auf den künftigen
Anspruch verzichtet wird. Allerdings würde damit das
Quellenrecht verändert. Aber das ist nur bei Rechten,
die wie die dinglichen katalogisiert sind, bedenklich. Die
Willenserklärung faßt Verf. im wesentlichen, trotz seiner
Polemik, wie ich auf: der Wille ist an sich maßgebend,
eventuell bildet die Erklärung eine Vertrauensgrundlage.
Nur sieht Verf. den gewollten Erfolg in der Rechts-
änderung, ich bei empfangsbedürftiger Willenserklärung in
der Vorstellungserweckung. S 157 A. 1 hat Verf. mich
mißverstanden: Ich fragte gerade, weshalb nach unserem
Rechte die Kündigung dem Vermieter gegenüber erklärt
werden muß, konnte also nicht zur Antwort erhalten: weil
sie empfangsbedürftig sei. Der Grund liegt darin, daß
der Wille auf die Vorstellungserweckung gerichtet ist. Aus-
gezeichnet ist, was Verf. über die sog. stillschweigenden
Verzichte bringt; nur dann liegen sie vor, wenn der Er-
klärende den Verzichtswillen hat unmittelbar zum Aus-
druck bringen wollen oder, so hat verstanden werden
müssen. Was sonst als stillschweigender Verzicht bezeichnet
wird, ist Anwendung des Rechtssatzes, daß das willkürliche
Verhalten jemandes, das mit dem Fortbestände von dessen
Recht im Widerspruch steht, die Aufhebung des Rechts
zur Folge hat (z. B. 341, 343, 464 B usw.). Sehr gut sind
auch die Ausführungen über die Verzichtsaktion, die grund-
sätzlich in einer einseitigen empfangsbedürftigen Willens-
erklärung erfolgen kann. Daran schließen sich Einzelunter-
suchungen über den Verzieht im Privatrecht. So ist die sorgfäl-
tige Schrift geeignet, eine Lücke m der Literatur auszufüllen.
Professor Dr. Jacobi, Münster i. W.
Treuhänder und Treuhandgeschäfte nebst Beiträgen
zur Lehre vom Eigentum, von der Stellvertretung und
vom Auftrag von Gerichtsassessor Dr. O. Fischbach.
1912. Mannheim, Bensheimer. 7 M.
Unter Treuhandgeschäften versteht der Verf. die
fiduziarischen Geschäfte. Er stellt ihnen gegenüber den
deutschrechtlichen Treuhänder und verfolgt dann durch
die Jahrhunderte hindurch beide Rechtserscheinungen bis
auf ihre praktische Gestaltung in der Gegenwart. Neben
interessanten geschichtlichen Ausführungen (insbes. auch
über englisches und französisches Recht) gewährt der
reiche Inhalt auch dem Praktiker vielerlei Anregung. Das
gilt namentlich von dem Abschnitt über fiduziarische,
simulierte und fraudulöse Geschäfte (S. 141 fT.), über die
Aussonderungsfähigkeit fiduziarisch übertragener Gegen-
stände (S. 237 fg.) und über Treuhänder als Vermögens-
verwalter (S. 303 fg.) Der Verf. bemerkt, daß er nichts
Abschließendes gegeben habe. Sicherlich hat er aber einen
bedeutsamen Beitrag geliefert, welcher der deutschen Rechts-
wissenschaft zur Ehre gereicht.
Senatspräsident Dr. Mittelstein, Hamburg.
Das Preußische Gesinderecht im Geltungsbereiche der
Gesindeordnung v. 8. Nov. 1810, bearbeitet von Ober-
landesgerichtspräsident C. Lindenberg. 8. Auflage
des gleichnamigen Posseldtschen Buches. 1912. Berlin,
H. W. Müller. Kart. 1,80 M.
Der allbekannte und allbewährte Kommentar, das
führende Buch auf dem Gebiete des Gesinderechts, er-
scheint nach 5 Jahren wieder in neuer Auflage. Für die
beteiligten Kreise ein erfreuliches Ereignis. Literatur und
Rechtsprechung sind sorgfältig nachgetragen. Das Stellen-
vermittlergesetz sowie die Reichsversicherungsordnung mit
der Pflichtkrankenversicherung für Dienstboten sind be-
rücksichtigt; die klaren, auch dem Laien leichtverständ-
lichen Ausführungen erleichtern die Kenntnis der neuen
Gesetze ganz erheblich. Dem Verf. haben wiederum die
Generalakten der Polizeipräsidenten von Berlin und Char-
lottenburg zur Verfügung gestanden, wodurch der Wert
des Buches für die Praxis wesentlich erhöht ist. In Aus-
führung des § 33 der Gesindeordnung hat die Polizei in
Berlin und Charlottenburg im Jahre 1911 das Be-
köstigungsgeld für das Gesinde festgesetzt, nach Ansicht
vieler Hausfrauen allerdings zu hoch. Das preußische
Gesinderecht ist stark zersplittert. Die Gesindeordnung
v. 8. Nov. 1810 gilt nur in den östlichen Provinzen (für
Neuvorpommern und Rügen besteht eine besondere Ge-
sindeordnung) und in Westfalen. Es steht aber kaum zu
erwarten, daß1 der Gesetzgeber in absehbarer Zeit die
Materie einheitlich regelt. Daß man bisher mit der über
100 Jahre alten Gesindeordnung ausgekommen ist, ist wohl
dem Umstande zuzuschreiben, daß das Gesinde, wenn auch
nicht rechtlich, so doch tatsächlich eine bevorzugte Stellung
einnimmt.
Kammergerichtsrat Dr. Delius, Berlin.
Die Anwendung der Beweislastregeln im Zivilprozeß
und das qualifizierte Geständnis von Dr. Karl Korseh.
1911. Bonn, Marcus & Weber. 2,80 M.
Die Arbeit erfreut durch ihr selbständiges Urteil und
die praktische Anschauung von Aufgabe und Gegenstand
des Prozesses. Den zahlreichen treffenden Bemerkungen
und guten Begriffsbestimmungen des Verf. wird auch zu-
stimmen können, wer die von ihm angenommene Leugnungs-
theorie nicht zu teilen vermag. Aber die vom Verf. auf-
gestellte Gegensätzlichkeit der „ideologischen“ und der
„realistischen“ Beweislastlehre besteht nicht oder hat
jedenfalls nicht die ihr beigelegte Bedeutung. Niemand
hat behauptet oder verstanden, zur Begründung der Dar-
lehnsklage sei die Behauptung der Hingabe von „Geld“
nötig, und die Behauptung der Hingabe eines 10 M.-Stückes
sei ein bloßes „Indiz“ (43, 59, 63). Der Gegensatz liegt
auf einem andern Gebiete. Den Gegenstand der Beweis-
führung muß man konkret (realistisch) nach der Lage
des einzelnen Prozesses, die Verteilung der Beweislast
abstrakt (ideologisch) nach den Tatbestandsmerkmalen der
anzuwendenden Rechtsnorm bestimmen. Ob die Partei-
behauptungen den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen
entsprechen, gehört nicht mehr zu dem Gebiete der Tatsachen-
feststellung, sondern ist Lache der richterlichen Beurteilung.
Professor Dr. Rosenberg, Gießen,
Das Schmiergelderunwesen in Handel und Ver*
kehr. Von Rechtsanwalt Dr. Erich HaaSis. 1912.
Stuttgart, Metzler. 2,20 M.
Das Wettbewerbsrecht gewinnt ständig an Bedeutung.
Immer mehr wenäen sich Praktiker und Theoretiker seiner
Bearbeitung zu; ständig mehren sich demgemäß auch die
monographischen Bearbeitungen von Einzelfragen dieses
Rechtsgebiets. Einer der wichtigsten, praktisch bedeut-
samsten, aber auch theoretisch interessantesten Fragen,
der des „Schmiergelderwesens“, ist die vorliegende Arbeit ge-
widmet. Fast kann man es als erstaunlich bezeichnen,
daß sie nicht mehr Vorgänger hat: Spielt doch das Geben
der Schmiergelder, der „industrielle Verrat im eigenen
Lager“, in unseren Zeiten gesteigerten Wettbewerbs, in
der Zeit der großen Unternehmungen, in denen oft nicht
der Chef selbst, sondern die Angestellten Verträge schließen,
aus volkswirtschaftlichen Gründen eine stets steigende
Rolle. Zu begrüßen ist, daß der Verf. sich nicht auf die
rechtliche Darstellung des deutschen Rechts beschränkt,
sondern daß er auch in einer, das Ergebnis der früheren
Arbeiten geschickt und flüssig zusammenfassenden Ein-