13.2.
Juristische Rundschau
Von Rechtsanwalt Dr. Hachenburg, Mannheim
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XVIII. Jahrg. Deutsche Juristen-Zeitung. 1913 Nr. 7.
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daß für den Kostenanspruch des Fiskus der Rechts-
weg ausgeschlossen ist. Die Gerichtskosten stellen
sich als Gebühren des Staates, als öffentliche Ab-
gaben dar. Das Recht des Staates zur Erhebung
Ton Gebühren bei und für Ausübung der Gerichts-
barkeit entspringt nicht aus einem privatrechtlichen
Verhältnis, sondern aus dem Hoheitsrecht der Be-
steuerung. Die Erhebung der Gerichtskosten erfolgt
durch die Gerichtskassen, d. h. durch Verwaltungs-
behörden ; in Preußen auf Grund der Instruktion des
Justizministers v. 1. Dez. 1884. Das Vollstreckungs-
Verfahren ist ein Verwaltungszwangs verfahren, das für
Preußen in der VO.v. 15.Nov. 1899 betr. Verwaltungs-
zwangsverfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen
geregelt ist. Einforderung und Beitreibung der ge-
richtlichen Kosten erfolgen also nicht im Rechtswege.
Deshalb kann der Fiskus auch nicht im Wege des
Arrestprozesses eine Sicherung der Kosten eines
noch nicht rechtskräftigen Strafprozesses bewirken.
Juristische Rundschau.
Wiederholt hat sich in den letzten Jahren der
Kaiser Vorträge über juristische Fragen halten
lassen. Im Monat März d. Js. sprach Geheimrat Cor-
mann vom preuß. Justizministerium, als der Kaiser
Gast beim Justizminister war, über „Frauenbewegung
und Rechtspflege In den kriegdrohenden Zeiten
wirkt es beruhigend auf ängstliche Gemüter, daß der
Kaiser Zeit für Fragen des Friedens hat. Die Führer
der Frauenbewegung wird es wohltuend berühren, daß
der Kaiser, der sich vor noch nicht allzulanger Zeit
ablehnend gegen die moderne Richtung aussprach,
durch einen objektiven Bericht sich zu unterrichten
versucht. Den Juristen wird man es nicht verargen,
wenn sie es mit Genugtuung erfüllt, daß auch ihre
Arbeit bei den besonderen, das heutigeLeben durch-
setzenden Aufgaben das Interesse des Kaisers erregt.
Das Ministerium Briand ist zurückgetreten.
In Frankreich sind solche Wechsel in den Mini-
sterien nichts Seltenes. In dem Sturze dieses liegt
zugleich ein Zeichen für das Zurückdrängen der
Verfassungsfrage. Das System der Verhältnis-
wahl ist zurückgestellt. Im Vordergründe steht, die
Heeresvorlage und die dreijährige Dienstzeit, Aber
es gehört keine besondere Prophetengabe dazu, eine
Wiederkunft der Verfassungsreform vorauszusehen.
Noch warten Aller Augen auf den Friedensschluß.
Nun ist die neue deutsche Militärvorlage in den
Vordergrund des Interesses getreten. Mit ihr die
Frage der Deckung und die Art der hierzu dienenden
Steuern. In erster Linie handelt es sich um po-
litische und volkswirtschaftliche Fragen. Die ein-
malige Besitzsteuer, erhoben von den größeren Ver-
mögen, greift schon in das verfassungsrechtliche
Gebiet. Das Steuerprivileg der Fürsten, das noch
in allen Gesetzen immer wiederkehrte, soll aufge-
geben werden. Damit ist eine Bresche in dieses
Prinzip gelegt. Aber abgesehen hiervon, ist es zu
wünschen, daß bei der ganzen Abfassung nicht nur
der Finanzpolitiker und der Volkswirt, sondern auch
der Jurist mitwirke. Wir besitzen eine Anzahl
Gesetze der jüngsten Zeit, die sich durch einen ent-
U Stölzel, Rechtsweg und Kompetenzkonflikt S. 296 und Entsch
des RG. in Jur. Wocb. 1887 L. 59 Nr. 79.
schiedenen Mangel an Klarheit auszeichnen. Und
das muß doch nicht sein. Der Jurist soll volks-
wirtschaftlich gebildet sein. Das ist das begründete
Verlangen der heutigen Zeit. Aber man vergesse
darüber nicht, daß auch die finanzpolitischen Gesetze
juristisch abgefaßt werden müssen.
Mit dem Schlüsse des ersten Quartals des Jahres
liegen die Bilanzen und Geschäftsberichte
der meisten Großbanken vor. In den trockenen
Zahlen steckt eine Fülle von Leben. Man muß sie
nur zu lesen verstehen. Dann gewinnt man einen
tiefen Einblick in die wirtschaftlichen Vorgänge im
Volkskörper. Rückschlüsse und Voraussagungen
tauchen auf. Der Jurist muß lernen ihren Inhalt
herauszuholen. Für den Richter und Rechtsanwalt
dürfen sie kein Buch mit sieben Siegeln bleiben.
Bei der Ausbildung 'der heran wachsenden Generation
muß diesem Momente Rechnung getragen werden.
Geh. Justizrat Haber, Rechtsanwalt am Reichs-
gericht und Vorsitzender des Deutschen An-
walts Vereins, hat die Anwaltschaft niedergelegt.
Er hat in der Ausübung seines Berufs am obersten
Gerichtshöfe bewiesen, daß auch die Rechtsanwalt-
schaft zum Hüter des Rechts berufen ist. Er hat
als Vorsitzender des Deutschen Anwalts Vereins durch
seine ganze Persönlichkeit, durch das versöhnliche
und doch zielbewußte Vorgehen gezeigt, was der
rechte Mann an der rechten Stelle zu leisten vermag.
Er wurde zum Ehrenmitglied des Deutschen Anwalts-
vereins ernannt. Das bedeutet hier aber nicht den
Orden beim Verlassen des Dienstes. Die Rechts-
anwälte wollen sich Haber hierdurch trotz seiner
Löschung in der Liste der Anwälte als einen der
Ihrigen und als ihren Führer erhalten. Das ist doch
wohl die höhere . Auszeichnung.
Nicht selten finden sich in Kalendern und
ähnlichen Einrichtungen Namen von ein-
zelnen Rechtsanwälten .mitgeteilt. Der Vor-
stand des Deutschen - Anwaltsvereins hat in einem
Rundschreiben die Vorstände der Anwaltskammern
ersucht, in entsprechender Weise dagegen vor-
zugehen. Der Vorstand der württembergischen
Anwaltskammer beschloß, von einem Einschreiten
abzusehen, den Kollegen aber die Unterlassung einer
derartigen Reklame dringend anzuraten. Es soll
weiter in der Presse eine Aufklärung hierüber er-
folgen. Das ist aber sicher nur als ein zunächst
gut scheinendes Verfahren gemeint. Nützt die
Warnung nichts, 'so bleibt nur ein energisches Vor-
gehen. Allerdings geht die Initiative nicht von den
Rechtsanwälten aus. Die Verleger bieten die Auf-
nahmen gegen Vergütung in irgend einer Form
an. Aber mit Recht wird von den Anwälten der
Widerstand gegen solche Verlockungen verlangt.
Der württembergische Rieht er verein hatte
in einer Eingabe an die Kammer der Abgeordneten
die Errichtung neuer Kammern in Stuttgart und an
anderen Landgerichten beantragt. Der Finanz-
ausschuß hat auf Antrag der Referenten die Petition
der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen.
Der Justizminister stellte die Anforderung weiterer
Richterposten im Nachtrag zum Etat in Aussicht.
Es wird wohl niemand so sehr wie die Richter selbst
wissen, wo sich Mängel in der Besetzung der Ge-
richte zeigen. In dem Verbände besitzen sie eine
Stimme, die sich Gehör zu verschaffen weiß.
Eine hessische Verordnung, „die Vorberei-
tung für den Staatsdienst im Justiz-und Verwaltungs-