Full text: Deutsche Juristen-Zeitung (Jg. 18 (1913))

9.6.3. Die Theaterkaution

9.6.4. Börsensteuer und Erbauseinandersetzungen

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XVIII. Jahrg. Deutsche Juristen-Zeitung. 1913 Nr. 3.

228

u. a. m. Wir sind nicht Historiker, die den ganzen in
der Vergangenheit liegenden Hergang aufzurollen hätten —
unsere Aufgabe ist eine engere.
Erfreulich ist, daß 1000 außerordentliche Hilfsarbeiter-
stellen im mittleren Dienst in ständige Hilfsarbeiterstellen
verwandelt und daß weitere 380 ständige Hilfsunteibeamten-
stellen geschaffen werden, sowie daß die Mittel für Unter-
stützungen um 354000 auf 1000000 M. erhöht und nun-
mehr an alle vor dem 1. April 1908 pensionierten Beamten
gewährt werden können. — Alles in allem ein recht er-
freuliches Bild!
Landgerichtsdirektor Dr. von Campe, M. d. A., Hildesheim.

Die Theaterkaution* Der Art. I der im Reichs-
amt des Innern ausgearbeiteten „Grundzüge für eine
gesetzliche Regelung der öffentlichrechtlichen und der
privatrechtlichen Verhältnisse der Bühnenuntemehmen und
ähnlicher Veranstaltungen“1) hat folgenden Wortlaut:
„Die Gewerbeordnung wird, wie folgt, geändert:
§ 32. Wer gewerbsmäßig ein Bühnenuntemehmen
betreiben will, bedarf dazu der Erlaubnis.
Die Erlaubnis ist nur dann zu versagen, wenn
1.-
2. die für das Unternehmen erforderlichen Mittel
nicht nachgewiesen sind.
Die Erteilung der Erlaubnis kann von der Hinter-
legung einer Sicherheit abhängig gemacht werden, durch
welche die Forderungen der Angestellten sichergestellt
werden;
3. --
Wie ich S. 480, 1912 d. Bl. bereits vorschlug, sollen
also bei Erlaß eines Reichstheatergesetzes die Schauspiel-
unternehmer der Kautionspflicht unterworfen werden und
§ 32 GewO, einen entsprechenden Zusatz erhalten. Ich hatte
damals ausgeführt, daß der jetzige § 32 keine völlig sichere
Unterlage für die Forderung der Kautionsstellung biete. Ist
nun auch in den „Grundsätzen“ dieser Anregung entsprochen
worden, so erscheinen doch jene Vorschriften nicht ge-
nügend. Es fehlen die näheren Bestimmungen darüber, wie
das Rechtsverhältnis zwischen dem Unternehmer einerseits
und dem Staat und den Angestellten andererseits geartet
sein soll. Die §§ 232—240 BGB. finden nämlich, wie ich
a. a. O. ausgeführt habe, keine Anwendung, da die Sicher-
heit nicht auf Grund einer Vorschrift des bürgerlichen
Rechts, sondern vielmehr auf Grund öffentlichen
Rechts bestellt wird. Besonders zweifelhaft ist die Frage,
ob die Kaution im Falle des Konkurses des Unternehmers
zur Masse zurückgegeben werden muß.2) Es müßte also
zürn mindesten ausgesprochen werden, daß die §§ 232 fg.
BGB. entsprechende Anwendung finden sollen, damit
die Angestellten in Gemäßheit des § 233 ein Pfandrecht
und somit im Falle des Konkurses ein Recht aut abge-
sonderte Befriedigung erlangen. Noch besser wäre es
freilich, wenn das Gesetz nach Analogie des Reichsaus-
wanderergesetzes (§ 21) den Erlaß aller näheren Vor-
schriften über die Haftbarkeit, Ergänzung und Rückgabe
der Sicherheit dem Bundesrat Vorbehalten würde. Die
ihm im Entwurf erteilte Ermächtigung, Vorschriften darüber
zu erlassen, in welcher Weise die Bühnenunternehmungen
ihre Bücher zu führen und welcher polizeilichen Kontrolle
über den Umfang und die Alt ihres Geschäftsbetriebes
sie sich zu unterwerfen haben, schließt natürlich die Voll-
macht zum Erlaß von Vorschriften über die Art und
Weise der Sicherheitsleistung nicht in sich. Der Bundes-
Reichsanzeiger v. 14. Dez. 1912.
2) Fleiner, Institutionen des Veiwaltungsrechts, 2. Au fl., 8.58
Anm. 28.

rat wird dann auch Bestimmungen darüber zu treffen
haben, unter welchen Voraussetzungen die Ansprüche der
Angestellten aus der bestellten Sicherheit zu berichtigen
sind, ob insbesondere hierzu unter allen Umständen, wie
nach § 29 Ziffer a der Bekanntmachung des Bundesrats
über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsunternehmer
und Agenten v. 14. März 1898, die Vorlage eines rechts-
kräftigen Erkenntnisses erforderlich ist.
Regierungsrat Dr. Hartmann, Hamburg.

Börsensteuer und Erbauseinandersetzungen»
In auffallender Weise geht die Praxis achtlos an der Frage
vorüber, ob und inwieweit Erbauseinandersetzungen über
Nachlässe, zu denen Wertpapiere gehören, der Börsen-
steuer und demnach auch dem Schlußnotenzwang, N. 4 a
des Tarifs, §§ 15—17 Reichsstempelgesetzes in der Fassung
des Zuwachssteuergesetzes v. 24. Febr. 1911, ebenso unter-
liegen, wie die Teilung des einer offenen Handelsgesell-
schaft gehörigen Wertpapierbesitzes unter die einzelnen
Gesellschafter1). Dies wäre der Fall, wenn bei der Erb-
auseinandersetzung in Ansehung der in der Tarif-N. 4 a be-
zeichnten Wertpapiere „Kauf- oder sonstige Anschaffungs-
geschäfte“ vorlägen. Der „Kauf“ wird hierbei als die
typische Geschäftsform angesehen, „während unter den
sonstigen zu besteuernden Geschäften dem Kauf ihrem
wirtschaftlichen Inhalte nach verwandte, d. h. ebenso wie
dieser auf die Verschaffung des Eigentums an fremden
Sachen gegen Entgelt gerichtete Rechtsgeschäfte verstanden
werden.“ RG. v. 30. Juni 1892 Bd. 31 S. 17 ff. Die Erb-
auseinandersetzung bezweckt und bewirkt Veränderungen
in betreff des Rechtsverhältnisses der Miterben zu den
Gegenständen der Erbschaft. Die Art dieser Verände-
rungen wird durch die Natur der Erbengemeinschaft be-
stimmt. Von dem BGB. ist dieselbe, §§ 2032 ff., als Gemein-
schaft zur gesamten Hand gestaltet, so daß an den Sachen
und Rechten, die zum Nachlaß gehören, keine Anteils-
rechte bestehen und daher Verfügungen eines Teilhabers
über Anteile an den einzelnen Gegenständen nicht möglich
sind. Dagegen ist jedem Miterben die Verfügung über
seinen Anteil am Nachlaß erlaubt, § 2033, RG. v. 9. Febr.
1905 Bd. 60 S. 126 ff. Erfolgt die Auseinandersetzung*
so finden gemäß § 2042 Abs. 1 die §§ 749 Abs. 2, 3,.
750—758 Anwendung, wobei zu beachten ist, daß die
§§ 752 ff. nicht die Fälle regeln, wo die Erben (Teilhaber)
über die Art der Teilung sich gütlich einigen2). In
allen Fällen der Einigung vollzieht sich die Aenderung des
Rechtsverhältnisses zu den einzelnen Nachlaßgegenständen*
gleichgültig, ob die Gegenstände in das Alleineigentum
eines einzigen Erben (Teilhabers) oder in nach Bruch-
teilen bestehendes Miteigentum mehrerer oder aller Erben
übergehen sollen, mittels „eines Uebertragungs- und zugleich
Erwerbsaktes i. S. der gesetzlichen Terminologie“, RG. v.
21. April 1904 Bd. 57 S. 432 ff. Es erwirbt, wenn durch
das Zusammenwirken sämtlicher Erben einem oder mehreren
derselben eine Anzahl Gegenstände zum Alleineigentum
übertragen wird, dieser nicht neue Bestandteile zu einem
ihm bereits gehörigen Teile, sondern den ganzen Ge-
genstand und „in dessen sämtlichen Bestandteilen etwas
anderes als was er bisher besessen hatte“, KG. v. 25. Jan. 04,
27 B 59 ff. Der Uebertragungs- und Erwerbsakt ist ein
entgeltlicher; denn der Erwerbende gibt als Gegenleistung
seinen Anspruch an der Gemeinschaft auf; hiernach ist,
wenn Wertpapiere einer Nachlaßmasse von der Gesamtheit
der Erben auf einen oder einige der Miterben übergehen,
von dem vollen Werte, für den die Ueberlassung erfolgt*
1) RG. v. 2./26. Jan. 1904, OLG. Karlsruhe B. A. III 32.
2) Staudinger, A. c zu § 752, 5./6. Aufl. II 8. 1358.

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