Nochmals Grandherrschaft und Immunität.
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werde ich belehrt, daß er meine von mir auch bei ihm vorausgesetzte
Auffassung der Urkunde („das Speierer Diplom erteilt die Immunität für
den Stadtbezirk wie für die zerstreuten bischöflichen Güter in einem
Atem und ganz unzweifelhaft in demselben Grade“) „im Hinblick auf
Otto 1. 379 für irrig hielt und halte“ (warum?), und daß die Worte
„den gleichen Charakter* sich „lediglich auf den Gegensatz von öffentlich
und nichtöffentlich beziehen, daß nicht1) der gleiche Grad von Gerichts-
barkeit (hohe oder niedere) gemeint war“ (Entgegn. 134). Diese Klarstel-
lung, zu der freilich kaum jemand außer dem Verfasser selbst imstande
gewesen wäre, veranlaßt mich, nochmals auf den Kernpunkt meiner
Einwendungen hinzuweisen. Lediger glaubt den gemeinsamen Gebrauch
des Immunitätsbegriffs, ja derselben Formeln in gleichzeitigen Immu-
nitätsprivilegien und Bannverleihungen genügend mit dem beiden
gemeinsamen öffentlichrechtlichen Charakter zu begründen; der Grad
der Gerichtsbarkeit brauche dabei in beiden noch nicht derselbe zu
sein. Daß er das sein müsse, hielt und halte ich dagegen für geradezu
selbstverständlich, da ja dieselben Bestimmungen hier und dort wieder-
kehren. Solch eine Schwierigkeit beseitigt man doch nicht dadurch,
daß man sie übergeht. Ferner vermißte ich (313 f.) in Seeligers Dar-
stellung eine Parallele mit den Verleihungen ganzer Grafschaften, die
m. E. einen fast sicheren, freilich nicht im Sinne Seeligers ausfallenden
Rückschluß auf die gemeinsame Tendenz der ottonischen Bannprivi-
legien zulassen. Meint Seeliger wirklich, man solle auf diese Parallele
verzichten, weil die „Tatsache“ der Grafschaftsschenkungen „jedem
älteren Studierenden der Geschichte bekannt sein muß* ? Wollte man
alle Tatsachen dieser Art aus seinem Buche tilgen, so müßte man
manche Seite missen. Aber es kommt ja wohl bei solchen Unter-
suchungen nicht nur auf nackte Tatsachen, sondern darauf an, den
Tatsachen, auch wenn sie längst zum eisernen Bestand unseres Wissens
gehören, die richtige Stelle anzuweisen.
Daß Seeliger die volle Exemtion der ottonischen Privilegien für
die deutschen Bischofsstädte anerkannt hat, ist — wie soeben erwähnt —
in meinem Aufsatze ausdrücklich gesagt. Nun höre man das kräftige
Finale der Antikritik meines Gegners. Hier wird von ihm auf die
allgemeine Bemerkung am Schlüsse seines Buches verwiesen über die
Frage, „in welchem Umfange die Grundherrschaft als Wiege der terri-
torialen Gewalten anzusehen sei...: Grundherrschaft habe nur da die
Bildung der Landeshoheit eingeleitet, wo die Rechte der allgemeinen
Immunität fortgebaut wurden zu einer vom Staate übertragenen hohen,
der gräflichen ebenbürtigen Gewalt*, das aber sei „verhältnismäßig
selten vorgekommen“. Dann aber fällt folgender Schlag: „Diese meine
Schlußbemerkung aber auf die Privilegien der Bischöfe für ihre Städte
speziell zu beziehen und sodann zu folgern, daß ich es als seltene Aus-
nahme erachtet habe, wenn Bischöfe in ihrem Stadtgebiet die gräf-
1) Hier muß ein „auch* einschieben, wer meinen Worten gerecht-
werden will.