Zur Geschichte der Wethe und Pacht. 143
richten, ohne dass deshalb immer ein Vertragsverhältniss
zwischen ihm und jenem stattzufinden braucht.14)
Erst dem dortigen Stadtrechte war es Vorbehalten, bei
der Miethe von Häusern und Hofstellen die Dauer des Mieths-
vertrages für die ganze, übrigens nur ein Jahr währende
Miethszeit, und den Fortbestand der Detentionsbefugniss des
Miethers innerhalb derselben, ungeachtet eines inzwischen ein-
tretenden Verkaufes des vermietheten Grundstücks zu ver-
ordnen.15)
Fassen wir jetzt diejenigen Rechte ins Auge, welche nach
der entgegengesetzten Regel: „Kauf bricht nicht Miethe“, dem
Miether die Möglichkeit eröffnen, sich für die ganze Dauer
der vertragsmäßigen Miethszeit in der Gewahrsam des Mieths-
gegenstandes gegen dessen Käufer zu behaupten. Es ist nicht
unbemerkt zu lassen, wie diese Wirkung des Miethsrechts
keineswegs immer allein schon mit der Thatsache verknüpft
ward, dass der Miethsvertrag früher abgeschlossen wurde, als
der contractliche Anspruch des Käufers auf Ueberlassung des
ihm verkauften Grundstücks entstand. Die Verdener Statuten,
obschon sie in Hebereinstimmung mit anderen, ihnen ver-
wandten sächsischen Stadtrechten den Vorzug des älteren Ver-
trages bei mehrfacher Veräußerung derselben Immobilie als
allgemeinen Grundsatz hinstellen, machen die Geltung der dem
Verlaufe der Zeit nach vorgehenden Miethe dem Käufer gegen-
") Sachsensp. II, 46. § 3.
16) Appingadamer Bauernbrief von 1327 (v. Richthoven, a. a. 0.,
8. 296) § 4.: 8i quis domum vel aream locatam vendiderit, conductor
possidebit eam usque ad terminnum anni, quem conduxit. Dagegen
erhielt sich im Landrechte des heutigen holländischen Friesland der
Satz „Kauf bricht Miethe“ vereinzelt auch in späterer Zeit noch, vergl.
Lant - Recht van Runsingo, Fyvelingo ende det Wester - Quartier
(Groningen 1664) B. V. Nr. 40. 1. 2. — als de lieere des goedes dat
selve gehuyrde in een erfflycke opdracht, ’t sy dan in coop, wissel
ofte anders opgedragen ende overgeven heeft — is de heere des goedes
schuldig den meyer voor de opruyminge te vernoegen een jaer huyre etc.
während sonst im übrigen Holland das entgegengesetzte Princip „Kauf
bricht nicht iMiethe“ (huire gaat voor koop) zur Herrschaft gelangte,
vergl. z. B. Lantrecht van Overyssel (gedr. 1630) Thl. II, tit. IX Art. 3,
Lantrecht van Drenthe (Groningen 1713) B. III, 81, und von Rechts-
quellen aus älterer Zeit die unten 8. 146 Note 24 citirte Amsterdamer
Willkür.
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