Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Germanistische Abteilung (Bd. 1 (1880))

Zur Geschichte der Miethe und Pacht.

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Wendung, wo Jemand eine und dieselbe ihm gehörige unbeweg-
liche Sache für die nämliche Zeit an mehrere Personen nach
einander vermiethete oder verpachtete.2)
Der von Einigen3) vermisste Beweis für die Behauptung,
dass dieses Vorzugsrecht des älteren Vertrages nicht sowohl
dann stattfand, wenn noch keiner der Prätendenten sich im
thatsächlichen Besitz des veränderten Grundstücks befand,
sondern auch da zur Anwendung kam, wo einem älteren,
nicht besitzenden, ein jüngerer, jedoch früher zu dessen Besitz
gelangter Prätendent gegenüberstand, wird, von Rechtsquellen

Worte: vindo, tradido, mancipo, per presentem cartola investituram
facere videor, durchaus synonym gebraucht. So wenig wie hier von
der traditio noch eine, von dieser getrennt zu denkende, venditio und
mancipatio unterschieden wird, ebensowenig ist die investitura als ein
selbständiger, von der traditio verschiedener Vorgang zu betrachten.
Der Beweis für die Behauptung, dass diese symbolische Investitur eine
Art constitutum possessorium vertreten habe (Sohm a. a. 0. 8. 109)
ist meiner Meinung nach bis jetzt noch nicht erbracht. Die hierdurch
auf den Erwerber übertragenen Befugnisse könnten übrigens immer nur
im uneigentlichen und figürlichen Sinne als Gewere bezeichnet werden,
nicht aber liesse sich eine solche Gewere mit dem Begriff der eigent-
lichen Gewere, wie er von Daband und Heusler m. E. überzeugend fest-
gestellt ist, identificiren. Bestand ja nach Sohm’s Darstellung ihre
Bedeutung wesentlich nur in der Selbstunterwindungsbefugniss des Er-
werbers dem Veräusserer gegenüber. Diese aber, so wichtig sie auch
sein mag für die Erkenntniss der Natur und Bedeutung des übertragenen
Bechts, kann für sich allein nicht ausreichen, derselben zugleich
possessorische Functionen beizumessen.
2) Rechtsb. nach Distinctionen (Ortloff, Samml. d. R.-Qu. I) II,
4. d. 14: Haben mehr lute eyn hus gemith wen eyner, wer dy irsten
mitunge bewisen magk der behilt sy unde der ande muste abetreten.
Eisenacher R.-B. (Ortloff, a. a. 0. I) III, 39 R.-B. Johann Puvgoldfs
(Ortloff II) B. II, 65. Gulathingsges. 78 (Norges gamle love, Keyser og
Munch. I): Nu selr mathr ei na iörth tveim monnom, sa scal hava er
fyrri toc, oc hvervitna thess er mathr selr tveim monnum hit sama,
tha scal sa hava er fyrri kaupir, aetha leigir. (Veräussert Jemand eine
Erde (ein Grundstück) zweien Männern, so soll sie haben, wer zuerst
(veräussert) erhält, und wo immer Jemand veräussert zweien Männern
dasselbe, so soll es haben, wer zuerst kauft oder pachtet). Frostathings-
ges. XIII, I (s. die folg. Note). Landslög v. 1274 (früher irrthümlich
als neueres Gulathingsgesetz bezeichnet, Norges gamle love II) VII, 6.
*) Brunner, Jenaer Litteraturbl. 1876, Art. 439; Stobbe, Handb. des
Deutsch. R. III, 8. 154, Note 11.

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