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Litterator.
wegt sich hier ganz auf dem Boden der Hypothese (8.118,123,136, 209).
Er glaubt (8.136) den unterliegenden Kläger einem Gegenansprüche
nicht ausgesetzt, wenn er keine «direkte“ Beschuldigung gegen den
Beklagten erhoben habe; „denn er machte nur die Präsumptionen
geltend, die der Besitz des Streitgegenstandes durch den Beklagten
mit sich brachte“. Hierin liegt zunächst eine petitio principii, weil
die Geltendmachung dieser Präsumptionen eben die Erhebung einer
direkten Beschuldigung bedeuten kann. Sodann ist darin ein Wider-
spruch mit den sonstigen Ausfährungen des Verfassers enthalten, weil
die Geltendmachung einer Präsumption, deren Widerlegung ein görse
sik orpiuvse bedeutet, und deren Nichtwiderlegung ein hetse pjuf zur
Folge hat, die Erhebung einer direkten Beschuldigung des Diebstahls
bedeuten muss. Ist mithin eine solche in der Klagerhebung enthalten,
so wird regelmäßig der unterliegende Kläger die Busse der Dieb-
schelte durch die unberechtigte, „quer über das Thing“ erfolgte Namen-
gabe verwirkt haben. Eine Unterscheidung darnach, ob die Anschuldi-
gung in gutem Glauben erfolgt war oder nicht, findet sich zwar in
manchen Quellen1), trägt aber den Stempel jüngeren Ursprungs an
der Stirn. Die von Estländer (S. 136) angeführte Stelle aus West-
mannalagen kennt solche Unterscheidung nicht. Unter der Rubrik
„Von schweren Scheltworten“ (vm oquaepins orp) bestimmt Söder-
mannalagen (Manh. b. 34), dass drei Mark büssen solle, wer einen
andern Dieb nennt quer über das Thing und ihn nicht einer solchen
That überführen kann.* *) Ausnahmen von der Bussfälligkeit wegen
unbefugter Namengabe im Prozess haben sich gewiss schon früh als
nothwendig erwiesen. Eine solche dürfte z. B. nach Westgötalagen
(I piuv. b. 6 pr.) Platz gegriffen haben, wenn der um Duldung der
Haussuchung Angegangene sie verweigert und dadurch „den Diebstahls-
verdacht auf sich gezogen“ hatte.*) Das ist ein ähnlicher Fall, wie
wenn nach der Graugans ein mit Unrecht wegen Diebstahls Beklagter
das Klagrecht um Beleidigung (illmeeli) nur beschränkt geniesst, wenn
er früher schon eines Diebstahls überführt worden war. Es ist aber
bisher nicht erwiesen und auch nicht wahrscheinlich, dass nach alt-
schwedischem Rechte eine allgemeine Ausnahme der Art für den Fall
gegolten hätte, dass die Fahmissklage um gestohlenes Gut ohne
*) Grägäs Kgsbk. c. 227 (Finsen II 8. 162 f.). Vgl. auch die angel-
sächsischen Formeln bei Brunner, Rechtsgeschichte II 496 Anm. 2. —
*) Die von Brunner (Rechtsgeschichte II 509. 675, vgl. andererseits 676)
für die Rechtsfolge unbegründeten Anefangs nach fränkischem Rechte ge-
machte Unterscheidung scheint mir durch 1. Sal. 90 (Hessels) nicht gerecht-
fertigt zu sein. Die hier angedrohte Busse von 15 Schilling kann (vgl.
Brunner, ebd. 8. 672) sehr wohl eben die fränkische Busse für Dieb-
schelte gewesen sein. — *) Estländer meint (8. 33f.) gegen Schlyter
undOtman, nach der angeführten Stelle habe die Verweigerung der Haus-
suchung mindestens, wenn die gestohlene Sache im Hause des Verweigerers
gefunden wurde, zur Folge gehabt, dass er als des Diebstahls überfuhrt
galt, ohne sich vertheidigen zu dürfen. Die Unrichtigkeit dieser Auslegung
erhellt aber aus dem Fortgange der Stelle ohne Weiteres.