Full text: Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht der Königlich-Preussischen Rheinprovinzen (Bd. 59, Abth. 2 = N.F. Bd. 52, Abth. 2 (1864))

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I. E., daß die tatsächliche Feststellung, auf welche der Asstsenhof im
gegenwärtigen Falle seine Entscheidung gestützt hat, wie später noch darge-
legt werden soll, in der Hinsicht keine Gewißheit gibt, und daher die
Rechtsfrage über die Strafbarkeit oder Straflosigkeit des im Gebiet des
Rhein. Rechts abgelegten, nach Vorschrift des Art. 73 der Rhein. Str.
Pr. O. eidlich bekräftigten falschen Zeugnisses, für die Entscheidung des
Caffationsrecurses überall präjudiziell ist;
I. E. in der Hinsicht nun, daß der tz. 126 alin, des Str. G. B. bestimmt:
Wer als Zeuge in einer Civil- oder Strafsache wissentlich ein
falsches Zeugniß mit einem Eide bekräftigt, oder den vor seiner Ver-
nehmung geleisteten Eid wissentlich durch ein falsches Zeugniß verletzt,
wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.
I. E., daß dieser Paragraph, indem er dies wissentlich falsche Zeugniß
durch Verletzung eines vorher geleisteten Eides in einer Strafsache verpönt,
vor Allem jedenfalls die Ablegung eines Zeugnisses in einer Straf-
sache voraussetzt; daß unter einem Zeugnisse im Sinne des Gesetzes, wenn
man seine Unterscheidungen mit der Schwere der Strafen berücksichtigt,
nur ein eigentliches Beweiszeugniß verstanden werden kann;
Daß die Frage, ob ein wirkliches Beweiszeugniß vorliege, aus dem
materiellen Rechte nicht zu beantworten, auch im §. 126 des Str. G. B.
nicht beantwortet ist;
Daß dieselbe vielmehr dem formellen Rechte angehört, und daher nach
Maaßgabe verschiedener Prozeßordnungen einer verschiedenen Lösung unter-
liegen kann;
Daß im Gebiete des altländischen formellen Rechts das in der Vor-
untersuchung vor dem Jnstructionsrichter unter Eid abgelegte Zeugniß
allerdings schon als ein Beweiszeugniß aufzufaffen ist;
Daß es sich hier nämlich nicht nur, unter bestimmten Voraussetzungen
und nach den Vorschriften der Criminal - Ordnung mit religiösem Eide
bekräftigt, (§§. 21 seg. der Verordnung vom 3. Jan. 1849) als formell
gültiges Beweiszeugniß dar stellt, sondern auch als ein solches dadurch
behandelt wird, daß bei Wiedervernehmung des Zeugen in der Hauptver-
handlung seine wiederholte Vereidigung nicht erfolgt, vielmehr eine ein-
fache Zurückverweisung auf den in der Voruntersuchung geleisteten Eid
für ausreichend erachtet ist (§. 55 der Verordnung vom 3. Jan. 1849);
I. E., daß die Sache sich dagegen anders nach den Vorschriften und
Grundsätzen der Rhein. Strafprozeß-Ordnung verhält;
Daß nach diesen zwar die in der Voruntersuchung vor den Jnstruc-
tionsrichter geladenen Personen, welche als Dritte von der Sache Wissen-
schaft haben sollen, Zeugen „tdmoins“ genannt werden, ihre Aussage auch
als „temoignage“ bezeichnet wird — (Art. 71 der Crim. Pr. O.); —
Daß die von jenen Personen gemachten Depositionen aber selbst unter
der Bekräftigung des im Art. 75 der Str. Pr. O. vorgeschriebenen Eides,
als Aussagen von Beweiszeugen, als eigentliche Beweiszeugnisse, nach den
Grundsätzen der Rhein. Criminal-Prozeßordnung nicht angesehen werden,
vielmehr nur die zeugenschaftliche Aussage vor dem erkennenden
Richter über die zur Aburtheilung stehende That als Beweiszeugniß
gilt, sofern es von dem vor diesem Richter abgeleisteten Eide nach Maaß-
gabe der Bestimmungen der Art. 155, 189, 317 der Str. Pr. O. begleitet
gewesen ist, und eben weil die in der Voruntersuchung unter der im Art.
75 ibidem vorgeschriebenen Bekräftigung gemachte Aussage die Geltung

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