Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 58 (1914))

Regelung des Verkehrs geschiedener Eltern mit ihren Kindern. 209
Bereiche der Kindesfürsorge liegende, deren Ausübung betreffende und
sich den jeweilig obwaltenden Verhältniffen anpaffende staatliche An-
weisung. Zn der reichsgerichtlichen Rechtsprechung ist aber auch
schon wiederholt darauf hingewiesen worden, daß, wo auch immer die
Art und Weise des Verkehrs zwischen den Eltern und dem Kinde
den Gegenstand einer staatlichen Regelung bildet, dabei die Rücksicht
auf das Wohl des Kindes in erster Linie ausschlaggebende Be-
deutung hat. Das Zntereffe der Eltern kann niemals allein maß-
gebend sein. Darum aber eignet sich auch ein Streit der ge-
schiedenen Eltern, wenn er nicht die Befugnis zum Verkehre mit dem
Kinde überhaupt, sondern das dabei zu beobachtende beiderseitige
Verhalten anbetrifft, in keiner Weise für eine Erledigung in dem
nach den Grundregeln der sog. Verhandlungsmaxime sich abspielen-
den Parteiprozeffe. Es ist in dieser Beziehung lediglich auf die Aus-
führungen des Senats in den auch vom Berufungsrichter heran-
gezogenen Urteilen in RG. 63, 236 ff.; 69, 94 ff. zu verweisen. Dem-
gemäß hat in Deutschland außerhalb des Eheprozesses über eine
Regelung des Verkehrs geschiedener Eltern mit ihren minderjährigen
Kindern der Vorschrift des § 1636 Satz 2 BGB. entsprechend aus-
schließlich das Vormundschaftsgericht zu befinden. Was da-
bei für Eltern und Kinder deutscher Reichsangehörigkeit gilt, hat für
Ausländer ebenso zu gelten. Kein deutsches Gesetz entzieht, wenn
der Vater und die Kinder die deutsche Reichsangehörigkeit nicht be-
sitzen, die dem Wesen der Sache entsprechend durch positive Gesetzes-
vorschrift den: Vormundschaftsgericht übertragene Regelung dieser
Zuständigkeit und überträgt sie auf die Prozeßgerichte.
Zst demnach die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs zu
verneinen, so kommt es für die Entscheidung nicht noch auf die
Frage an, inwieweit nach den Vorschriften über die räumliche Herr-
schaft der Rechtsnormen eine Regelung des Verkehrs zwischen Eltern
und Kindern, die nicht deutsche Reichsangehörige sind, innerhalb des
deutschen Reichsgebiets überhaupt stattzufinden hat und inwieweit
dies insbesondere davon abhängt, ob sachlich nach dem Rechte des
Heimatstaats der Beteiligten der mit der Personenfürsorge befaßte
Elternteil einem obrigkeitlichen Eingriff in seine Machtbefugnis über-
haupt ausgesetzt ist.
Die sachliche Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte führte zur
Aushebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der von dein
Kläger eingelegten Anschlußrevision. Zn der Sache selbst aber mußte
Beiträge, 58. Zahrg. 1. u. 2. Heft. 14

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