10.19.
Findet die Anfechtung eines Prozeßvergleichs wegen Irrtums oder Betrugs als Fortsetzung desselben Prozeßverfahrens statt oder nur durch Erhebung einer neuen Klage? Ablehnung einer beantragten Terminsbestimmung durch den Vorsitzenden
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Einzelne Rechtsfälle.
desselben enthaltenen unzulässigen, die Testierfreiheit des Beklagten
einschränkenden, Versprechens nach den Vorschriften der §§ 2302, 139
BGB. nichtig (Gaupp-Stein, ZPO. § 54 II § 7941 6, d.; RG.
39, 393).
Die Revision macht sodann gellend, das Berufungsgericht habe
zu Unrecht angenommen, der Vergleich würde ohne das in: Schluß-
satz enthaltene Versprechen des Beklagten nicht abgeschlossen worden
sein, insbesondere sei die Bekundung der als Zeugen vernommenen
Rechtsanwälte nicht gewürdigt worden, welche die Parteien über
die Rechtsunwirksamkeit einer dem Schlußsatz entsprechenden Verbind-
lichkeit belehrt hätten. Auch dieser Angriff konnte keinen Erfolg
haben. Nach der Behauptung des Beklagten in der Berufungsinstanz
haben die Parteivertreter am 21. April 1904 lediglich rechtliche Be-
denken gegen die Aufnahme einer Bestimmung der in Rede stehenden
Art in den Vergleich geäußert. Die Bekundungen der Rechtsanwälte
hierüber beziehen sich nur auf den ersten Teil der Vergleichsverhand-
lungen. Bei dem zweiten Teile sind sie, wie feststeht, gar nicht zu-
gegen gewesen. Erst nachdem sich die Anwälte entfernt hatten, sind
diejenigen Vergleichsverhandlungen gepflogen worden, welche zu der
Niederschrift des Schlußsatzes und damit zum Zustandekommen des
Vergleichs führten. Über den Verlauf dieser letzten Verhandlungen
haben sich nur der ersuchte Richter und der Gerichtsschreiber als
Zeugen geäußert. Auf Grund der bestimmten Aussagen dieser Zeugen
hat das Berufungsgericht in bedenkenfreier Weise die Feststellung
getroffen, daß nach Absicht der Parteien der Beklagte Mit dem im
Schlußsatz enthaltenen Versprechen eine rechtlich bindende Verpflichtung
übernehmen wollte und sollte, daß ferner ohne dieses Versprechen der
Vergleich nicht zustande gekommen wäre.
Nr. 35.
Findet die Anfechtung eines Prozeßvergletchs wegen Irrtums oder
ikrtrngs als Fortsetzung desselben Prozeßverfahrens statt oder nur
durch Erhebung einer neuen Mage?*)
Ablehnung einer beantragten Terminsbrstimmung durch den Norsttzenden.
ZPO. §§ 214. 216.
(Beschluß des Reichsgerichts (I. Zivilsenats) vom 12. Juli 1905 in Sachen Th,
Klägerin, wider R., Beklagte. I. B. 93 1905.)
*) Vgl. das unter Nr. 34 S. 425 ff. abgedruckte Urteil des IV. Zivilsenats
vom 3. Juli 1905 (IV. 101/1905).