Volltext: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 50 (1906))

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Einzelne Rechtfälle.

allgemein gehalten, daß V. bzw. seine Ehefrau — wenn diese, was
unterstellt werden mag. von dem Schreiben Kenntnis erhalten haben
sollte — sich durch dieses Schreiben von dem Erwerbe der Hypothek
nicht abhalten zu lasten brauchte. Denn es enthält nichts weiter
als die Angabe, dem Kläger stehe auf die Hypothek ein Recht zu
und dieses Rechtes halber dürsten sie die Hypothek nicht erwerben.
Was das für ein Recht sein soll, welches dem Kläger an der Hypothek
zustehe, und worauf es sich gründe, darüber gibt das Schreiben
keinerlei Auskunft. Die Revision meint nun zwar, es sei nicht ein-
zusehen, weshalb sich die Beklagten nicht hätten erkundigen können.
Aber eine Erkundigungspflicht legt das Gesetz dem Erwerber einer
Hypothek nicht auf und von ihrer Erfüllung macht es seinen guten
oder schlechten Glauben nicht abhängig. Seine Kenntnis ent-
scheidet, und eine Kenntnis wird dadurch noch nicht vermittelt, daß
ein Recht behauptet wird, über dessen Inhalt und Entstehung jede
Angabe fehlt. Wollte man mit der Revision das Gegenteil an-
nehmen, so wäre der öffentliche Glaube des Grundbuchs so gut wie
beseitigt. Nicht anders steht es dem Beklagten E. gegenüber. Daß
das Schreiben vom 24. September 1904, dessen Inhalt der Kläger
nicht genauer angegeben hat, ihm gegenüber nicht in Betracht kommen
kann, ist bereits bemerkt. Nun soll freilich der Agent H. ihm vor
der Zession mitgeteilt haben, die Hypothek bestehe nicht, weil die
Bauforderung nicht entstanden sei. Aber mit Recht nimmt der Be-
rufungsrichter an, daß auch diese Mitteilung nicht geeignet war, dem
E. Kenntnis von demjenigen Sachverhalte zu verschaffen, auf welchen
der Kläger seinen Einwand gegen die Hypothek gründet. Daß sie
hierzu in der Tat ungeeignet war, ergibt sich, wenn man den oben
mitgeteilten komplizierten Sachverhalt mit der Mitteilung, die H.
dem Beklagten E. gemacht haben soll, vergleicht. Es kommt aber
hinzu, daß überhaupt nicht jede Mitteilung, die ein Agent oder sonst
ein Dritter über das Bestehen einer Hypothek macht und mit der er
Zweifel über ihre Rechtsbcständigkeit anregen will, ausreicht, um den
Glauben an die Nichtigkeit des Grundbuchs zu erschüttern. Es
müssen glaubwürdige Mitteilungen sein, glaubwürdig nach der
Person, von der sie ausgehen, und glaubwürdig nach ihrem Inhalt
und den tatsächlichen Angaben, die über den behaupteten Mangel
gemacht werden. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ob also eine
Mitteilung nach ihrem Autor und ihrem Inhalte geeignet war, die
Kenntnis einer Tatsache zu vermitteln, durch die der Glaube an

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