Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

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Beiträge zu der Lehre

obrigkeitliche Kognition so weit, daß das Grundstück von dem Ver-
äußerer zunächst dem Richter und von diesem erst dem Erwerber
übertragen wurde.
II. Nie Auflassung seit -er Zeit der Nechtsbücher.
1. Die Mitwirkung der Obrigkeit.
Zur Zeit der Rechtsbücher bildete die Mitwirkung des Gerichts
oder des Rathes bei der Auflassung die Regelt) Doch galt diese
Regel nicht etwa als gemeines Recht im ganzen Reiche. Die Auf-
lassung vor Zeugen ist niemals völlig außer Uebung gekommen.6 7)
Ueberhaupt gestaltete sich das Institut in den verschiedenen Rechts-
gebieten sehr verschieden. An manchen Orten wurde es durch das
Ansehn des römischen Rechts gänzlich verdrängt oder doch bis zur
Unkenntlichkeit verändert. Da, wo es den nationalen Charakter
bewahrte, schimmerte durch die mannigfachen Formen und Symbole,
mit welchen es ausgestattet war, ein gemeinsamer Kern hindurch.
Und dieser Kern scheint darin bestanden zu haben, daß die Bethei-
ligten der Gemeinde oder den Vertretern derselben erklärten, was
zu wissen das Gemeinwesen allein interessirte, — ihren auf den
Uebergang des Eigenthums von dem Veräußerer auf den Erwerber
gerichteten Entschluß. Die Wirkung dieser Erklärung aber war eine
verschiedene, je nachdem das Verhalten der Obrigkeit (Gericht,
Schöffen, Rath) ein passives oder ein aktives war. Sofern die
Auflassung nur entgegengenommen wurde, vollendete sie den
Eigenthumsübergang. Rach denjenigen Rechten hingegen, welche eine
thätige Mitwirkung der Obrigkeit vorschrieben, war die Erklärung
der Betheiligten nur die Voraussetzung oder der Rechtsgrund für
diese Mitwirkung; die Uebertragung des Eigenthums selbst wurde
erst durch den Akt der Obrigkeit vollendet.
Anfänglich mag dieser Unterschied in der Praxis wenig hervor-
getreten sein, da in der Regel die obrigkeitliche Thätigkeit den Er-
klärungen der Parteien in continenti, d. h. in der nämlichen Ge-

6) Sachsenspiegel I. 52 § 1: ane echt ding ne mut nieman sin egen geven.
y Laband, die vermögensrechtlichen Klagen nach den sächsischen Rechtsquellen
des Mittelalters (1869) S. 235; Stobbe S. 166. Anderer Meinung Beseler
a. a. O. S. 335 Note 2. Zu vergleichen Behrend in seiner Zeitschrift für die
deutsche Gesetzgebung rc. Bd. 6 (1872) S. 698.

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