Die ungarische Ausgleichsordnung vom 16. November 1915. 725
unfähig, d. h. außerstande sei, seinen fälligen Verbindlichkeiten in
der Allgemeinheit in Ermangelung bereiter Mittel zu genügen. Bei
einem Kaufmann und einer Handelsgesellschaft reicht auch die Er-
klärung aus, daß sie ihre Zahlungen eingestellt haben, daß sie
aufgehört haben, die andrängenden Gläubiger in der Allgemeinheit
zu befriedigen.n) Die bloße Behauptung, nicht die äußere
Darlegung der beregten Umstände wird erfordert; eine Glaubhaft-
machung ist nur in den schon genannten Ausnahmefällen vorge-
sehen. Ein richterliches Prüfungsrecht tritt hier nicht ein; weder
die Durchführung einer Beweisaufnahme noch die Einholung einer
Erkundigung ist in Ansehung dieser Punkte statthaft. Der Grund-
satz des Verfahrens von Amts wegen wird insoweit durchbrochen.^)
Auch die unrichtige Erklärung des Schuldners bindet das Gericht,
welches nicht schon um deswillen die Eröffnung ablehnen darf. Aber
ganz machtlos ist der Richter doch nicht. Er kann ja die Bestäti-
gung des Ausgleichs versagen,^) sowohl dann, wenn der Vermögens -
stand des Schuldners nicht hinreichend aufgeklärt, also beispielsweise
nicht festgestellt werden kann, daß wirklich eine Überschuldung vor-
liegt, als auch dann, wenn zwischen dem Maß der dem Schuldner
im Ausgleich gewährten Begünstigungen und den Vermögensverhält-
niffen des Schuldners zum Nachteil der Gläubiger ein auffallendes
Mißverhältnis besteht, z. B. zu der bewilligten langfristigen Stun-
dung infolge Vorhandenseins bereiter Zahlungsmittel kein Anlaß
vorliegt.
3. Der Schuldner hat mit dem Anträge, welcher die Eröffnung
des Ausgleichsverfahrens begehrt, seinen Ausgleichsvorschlag
vorzubringen. Er kann diesen Vorschlag alsdann nicht mehr zurück-
ziehen und ohne Einwilligung sämtlicher stimmberechtigter Gläubiger
u) Diese Voraussetzungen sind umfassender als die in § 1 Abs. 1 ÖstAusglO.
(§§ 68, 69 ÖstKO.); insofern wenigstens, als die Überschuldung nicht bloß
für Verlassenschaften und juristische Personen die Eröffnung des Verfahrens
rechtfertigt. Insofern allerdings enthalten sie eine Einschränkung, als der Satz,
-daß Zahlungsunfähigkeit insbesondere anzunehmen sei, wenn der Schuldnerseine
Zahlungen einstellt, nur für Kaufleute und Handelsgesellschaften gelten soll.
12) Der österr. Richter wird die erforderlichen Aufklärungen, über die hier in
Rede stehenden Voraussetzungen der Eröffnung des Verfahrens auch ohne Ver-
mittlung der Beteiligten einzuholen und zum Zwecke der erforderlichen Feststel-
lungen von Amtswegen alle hierzu geeigneten Erhebungen zu pflegen und Be-
weise auszunehmen haben. (§ 63 ÖstAusglO.; § 173 ÖstKO.)
") § 54 Z. 3 und 4 UngAusglO.