Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

11.3. Zur Frage der Sittenwidrigkeit von sog. Schutzverträgen zwischen den bei einer öffentlichen Verdingung Beteiligten

484

Aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

Arten, die auf den Geschäftsbetrieb der Beklagten oder auf Betriebs
von denen sie für die Lieferung abhängt, erheblich störend einwirken.
Wie erheblich diese Einwirkung sein muß, ist nach der Verkehrssitte
zu beurteilen.
Im Streitfall ergibt aber der feststehende Sachverhalt, daß ein
Fall höherer Gewalt im Sinne der Vertragsabrcde eingetreten ist.
Zwar steht für das Revisionsgericht fest, daß nicht Ware be-
stimmter Herkunft, sondern nur Ware bestimmter Güte verkauft ist,
daß solche Ware auch in Deutschland hergestellt wird, und daß die
Beklagte demnach den Vertrag auch mit deutscher Ware erfüllen
kann. Andererseits aber ist unbestritten, daß die Beklagte in dem
früheren Geschäftsverkehr überwiegend Ware, die sie aus England
bezog, geliefert hat, und daß die Beklagte, als sie in den streitigen
Abschlüssen der Klägerin Ware von „gehabter vorzüglicher Qualität"
verkaufte, damit gerechnet hat, auch ohne jedes Verschulden damit
rechnen durfte, die Ware aus England zu beziehen. Es ist ferner
gerichtskundig und unbestritten, daß feit Ausbruch des Krieges keine
Ware mehr aus England bezogen werden kann. Daraus ergibt sich,
daß durch den Krieg, der zweifellos ein Ereignis höherer Gewalt
ist, alle Vorausberechnungen der Beklagten und die Vorbereitungen,
die sie für die Erfüllung des Vertrags getroffen hatte, vereitelt und
vernichtet sind, daß also ein Ereignis höherer Gewalt den Betrieb
der Geschäfte, die der Erfüllung der streitigen Verkäufe dienen sollten,
nicht nur gestört, sondern völlig gehemmt hat. Danach liegt ein
Fall höherer Gewalt im Sinne der streitigen Abrede vor. Es tritt
die Wirkung ein, daß die Beklagte von der Pflicht rechtzeitiger
Lieferung frei ist. Sie ist nicht gänzlich frei von der Vertragspflichr,
ist aber jedenfalls nicht verpflichtet, zu liefern, solange die auf höherer
Gewalt beruhende Störung dauert. Da diese Störung bis jetzt
nicht behoben ist, mußte die Klage abgewiesen werden.
Nr. 36.
Inr Frage der Sittenwidrigkeit von sog. Ächutzvrrträgen zwischen den
bei einer öffentlichen Verdingung Krteitigten.
BGB. § 138.
(Urteil des Reichsgerichts (III. Zivilsenats) vom 10. Dezember 1915 in Sachen
der Firma F. u. Gen., Klägerinnen, wider Mtienges. A. W. & Co., Beklagte.
III. 219/15.)
Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Braun-
schweigischen Oberlandesgerichts zu Braunschweig ist zurückgewiesen.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer