Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 48 (1904))

Rechtsweg. 653
dessen Inhalt die Kläger nur insoweit anrufen, als darin jene Ob-
servanz anerkannt sein soll.
Aber selbst wenn hierin wirklich, wie die Revision auszuführen
versucht, ein von der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung aus § 4 des
Kommunalabgabenges. unabhängiger Spezialtitel gefunden werden
könnte, würden die nach § 70 a. a. O. zuständigen verwaltungs-
gerichtlichen Instanzen an einer Entscheidung nicht gehindert sein.
Wie die ordentlichen Gerichte trotz der Beschränkung ihrer Zustän-
digkeit auf bürgerliche Rechtsstreitigkeilen befugt sind, ohne präju-
dizielle Wirkung für die Verwaltungsinstanzen auch eine Vorfrage
des öffentlichen Rechtes zum Behufs der Findung ihres Urteils über
den streitigen Privatanspruch mit zu entscheiden, ebenso dürfen auch
die Verwaltungsgerichte Jnzidentpunkte privatrechtlicher Art, von
deren Erledigung das Schicksal der öffentlich-rechtlichen Streitigkeit
abhängl. selbständig, wennschon nur unter der gleichen entsprechen-
den Beschränkung, in den Bereich ihrer Beurteilung ziehen. Ledig-
lich, um völlig klar zu stellen, daß eine dispositive Kraft ihrer Ent-
scheidung hinsichlich dieses Teiles nicht beiwohnt, spricht der § 7
Abs. 1 Satz 2 des Landesverwaltungsges. vom 30. Juli 1883 aus-
drücklich den Grundsatz aus, daß die Entscheidungen der Verwal-
tungsgerichte „unbeschadet aller privatrechtlichen Verhältnisse" er-
gehen.
Die von den Klägern erhobene Klage, mittels deren sie die
Feststellung ihrer Nichtverpflichtung zur Zahlung von Schulgeld und
die Erstattung der von ihnen bereits beigetriebenen fälligen Beträge
verlangen, stellt sich als Widerspruch gegen ihre auf Grund des
Kommunalabgabengesetzes erfolgte Heranziehung zu einer öffentlich-
rechtlichen Gebühr dar. Die hiernach notwendig werdende Ent-
scheidung des Verwaltungsgerichts darüber, ob die Beklagte zu
dieser Heranziehung kraft ihrer Autonomie berechtigt war, bedingt
in dem vorliegenden Falle zugleich eine Entscheidung über den von
den Klägern geltend gemachten Befreiungseinwand, gleichviel worauf
derselbe gestützt ist.-
Von einer wesentlich gleichen Auffassung, wie sie der gegen-
wärtigen Entscheidung zugrunde liegt, geht auch das Urteil des
H. Zivils, vom 12. Dezember 1902 aus (Entsch. des R.G. in Zivils.
Bd. 53 S. 183).

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