Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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Klägerin Ersitzung geltend gemacht worden. Es liegt also eine Grund-
gerechtigkeit vor, bei welcher die Verklagte belasteter Eigenthümer ist.
Nach § 31 I. 22 21. L.-R.'s darf derselbe in seinem Grundstück nichts
vornehmen, wodurch der Berechtigte in der Ausübung seiner Grund-
gerechtigkeit gehindert oder ihm dieselbe vereitelt werden könnte. Thut
er es dennoch, so verletzt er das rechtliche Interesse des Andern und
begeht eine unerlaubte Handlung, welche stets eine Pflicht zur Unter-
lassung der Störung, Beseitigung der etwa gemachten Anlagen u. dgl.
begründet, zum Schadensersatz aber nach den allgemeinen Regeln von
außerkontraktlichen Beschädigungen ihn nur verpflichtet, wenn ihm dabei
ein Verschulden — Dolus oder Kulpa — zur Last fällt. In Bezug
auf diesen Theil des Schadens beruht also die Klage auf einer De-
liktsobligation.
Bei dem Eindringen von Straßenwasser ist weiter zu unterscheiden
zwischen der Erhöhung innerhalb drei Fuß vom klägerischen Hause und
außerhalb derselben. Die Erstere ist eine unerlaubte Ausübung dßs
Eigenthums, da nach § 185 I. 8 A. L.-R.'s derjenige, welcher seinen
Grund und Boden erhöhen will, mit dieser Erhöhung drei Fuß von...
der Mauer... des Nachbars Zurückbleiben muß und dies auch bei der
Mauer eines Gebäudes, welches auf der Grenze steht, gilt.22) Wird

22) Grein, Baurecht nach den Vorschriften des A. L.-R.'s (1863) § 58 S. 158:
„Die Erhöhung muß von allen von Menschenhänden gemachten Befriedigungen,
also auch... von der Mauer eines Gebäudes, welche als Scheidung dient,...
drei Fuß entfernt bleiben."
Anderer Ansicht ist das Appellationsgericht zu Hamm, welches in dem Er-
kenntniß vom 1. Oktober 1857 (Jahrgang VI dieser „Beiträge" S. 312) den
§ 185 wegen seines Zusammenhangs mit dem nur von Scheidungen, welche
abgesehen von Gebäuden zwischen einzelnen Grundstücken errichtet sind, han-
delnden § 149 I. 8 der Grundmauer des Nachbarhauses gegenüber nicht zur
Anwendung gebracht wissen will. Allein warum der § 185 im Zusammen-
hänge mit dem schon räumlich so weit von ihm getrennten § 149 verstanden
werden muß, ist nicht angegeben und nicht ersichtlich. Derselbe spricht ganz
allgemein von der Mauer des Nachbars und begreift daher seinem Wortlaut
nach unzweifelhaft auch die Mauer eines Hauses. Die Nachtheile, vor denen
das Verbot der Erhöhung den Nachbar schützen soll und in deren Berück-
sichtigung es seinen einzigen Grund hat, sind bei Gebäuden ebenso groß, in
der Regel sogar größer, als bei andern Scheidungen und ist daher auch die
ratio legis für die Anwendung der Vorschrift auf Gebäude. Endlich darf
nicht übersehen werden, daß es im § 149 heißt: „Zäune, Planken, Mauern
oder andere Scheidewände," im § 185 dagegen nur: „Zaun, Mauer
oder Planke" und diese Weglassung der nähern Qualificirung der Mauer
als Scheidewand gradezu darauf hinweist, daß der § 185 nicht wie 8 149
hat auf Mauern, die blos als Scheidewände dienen, beschränkt sein sollen,

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