12.6.
Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Armenpflegerechts
Von Herrn Dr. jur. Eger, Königl. Kreisrichter in Tarnowitz
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Die wichtige Frage:
in welchen Fällen die Streitverkündigung nothwendig ist und
welche Folge die Verabsäumung derselben nach sich zieht,
gehört dem Gebiete des materiellen Rechts an und liegt daher
außer den Gränzen dieser Abhandlung. *)
*) Vgl. diese „Beiträge" IX. S. 419 f. Duntze im Archiv für die civilist.
Praxis X. S. 355 f. und Wolfs a. a. O.
Nr. 18.
Beiträge zur Erläuterung des Leutscheu Ärmeuvftrgerechts.
Von Herrn vr. jur. Eger, Königl. Kreisrichter in Tarnowitz.
I.
Die Verpflichtung des Ortsarmenverbandes des Dienstortes zur Kranken-
pflege der Personen, welche im Gesindedienste stehen, Gesellen, Gewerbe-
gehülfen, Lehrlinge nach 8 29 des Reichsgesetzes über den Unterstützungs-
wohnsitz vom 6. Juni 1870 <B. G. Bl. v. 1870 S. 360 ff.) und den dazu
ergangenen Entscheidungen des Bundesamtes sür das Heimathwesen.
§ 28 des Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom
5. Juni 1870 lautet:
Jeder hülfsbedürftige Norddeutsche muß vorläufig von demjenigen
Orts-Armenverbande unterstützt werden, in deffen Bezirk er sich bei
dem Eintritte der Hülfsbedürftigkeit befindet. Die vorläufige Unter-
stützung erfolgt vorbehaltlich des Anspruches auf Erstattung der
Kosten beziehungsweise auf Uebernahme des Hülfsbedürftigen gegen
den hierzu verpflichteten Armenverband.
Sodann bestimmt § 29 das.:
Wenn Personen, welche im Gesindedienst stehen, Gesellen, Ge-
werbegehülfen, Lehrlinge an dem Orte ihres Dienstverhältniffes er-
kranken, so hat der Orts-Armenverband des Dienstortes die Ver-
pflichtung, den Erkrankten die erforderliche Kur und Verpflegung
zu gewähren. Ein Anspruch auf Erstattung der entstehenden Kur-
und Verpflegungskosten beziehungsweise auf Uebernahme des Hülfs-
bedürftigen gegen einen anderen Armenverband erwächst nur, wenn
die Krankenpflege länger, als sechs Wochen fortgesetzt wurde, und
nur für den über diese Frist hinausgehenden Zeitraum.
Dem zur Unterstützung an sich verpflichteten Armenverbande muß
spätestens sieben Tage vor Ablauf des sechswöchentlichen Zeitraums
Nachricht von der Erkrankung gegeben werden, widrigenfalls die Er-