682
Nach unseren praktischen Erfahrungen dürfte das Vergleichsver-
fahren zu formal sein.
Wenn der Schuldner schon seinen Antrag durch die Zustim-
mung von drei Viertel der Gläubiger substantnren soll (§234),
wenn er den Offenbarungseid leisten (§ 247), die öffentliche Bekannt-
machung über sich ergehen lassen (§ 243) und Gerichtskosten tragen
soll (§ 255), wenn ferner die Gläubiger die vom Geschäftsmanne
gern gemiedenen Formalitäten einer gerichtlichen Procedur beobachten
müssen und dabei nicht einmal durch die von ihnen selbst gewählten
Vertrauensmänner vertreten werden (§ 236), wenn endlich das ganze
Verfahren nur in dem erfahrungsmäßig seltenen Falle der Einstim-
migkeit aller Gläubiger zum Ziele führt (§ 248): so werden unsers
Erachtens Gläubiger und Schuldner den bisher gewählten Weg außer-
gerichtlicher Arrangements vorziehen, für welche der, die Kon-
kurseröffnung ex officio beseitigende Entwurf (Mot. II. S. 31 f.) ein
noch geräumigeres Feld bietet.
Die Gläubiger werden also, wie bisher sich, selbst Vertrauens-
männer wählen, denen der Schuldner durch Prokura-Ertheilung, Ueber-
gabe der Handelspapiere, Handlungsbücher und sämmtlicher Aktiva, sein
Verwaltungs- und Verfügungsrecht überträgt. An eigenen Dispo-
sitionen zum Nachtheile der Gläubiger wird er durch sein Interesse am
Zustandekommen des Vergleichs gehindert. Die meist fehlende Ein-
stimmigkeit der Gläubiger wird, wenn möglich, dadurch herbeigeführt,
daß die Widersprechenden von den Zustimmenden durch Prozente abge-
funden werden. Durch eben diese Abfindung wird auch der von den
Widersprechenden drohende Antrag auf Konkurseröffnung (§ 240) oft
vermieden.
In dieser Weise sind, so viel uns bekannt geworden, hier mehrfach
Arrangements zu allseitiger Zufriedenheit zu Stande gekommen.
Vielleicht wird den Ansprüchen des Handelsstandes schon genügt,
wenn dies außergerichtliche Verfahren, besonders zum Schutze der aus-
wärtigen Gläubiger, an einige formale Schranken gebunden wird. Die
Vertrauensmänner könnten zum Schadensersatz verpflichtet werden,
wenn sie Gläubiger, die ihnen bekannt geworden sind, nicht zugezogen
haben u. s. w.
Ein so formales Verfahren, wie es der Entwurf darbietet, dürste
sich nur dann empfehlen, wenn dadurch ein Zwang der einzelnen Wider-
sprechenden zur Annahme des Vergleichs geübt würde.