Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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Die Entscheidung der Frage hängt m. E. davon ab:
ob die Aufstellung, daß die Klägerin schon früher außer der
Ehe von einem Andern, als dem als Erzeuger des Kindes be-
zeichneten Manne geschwängert worden ist, ausschließlich exceptio,
oder ob sie partiell als replicatio aufzufassen ist?
Ich nehme die erste Alternative für richtig an. Zum Beweise ver-
weise ich auf die m. M. n. vollständig überzeugenden Gründe, welche
kt Gruchot Bd. VII S. 51 ff. angeführt sind. Ich möchte denselben
noch die Oekonomie des § 9 des Gesetzes vom 24. April 1854 anreihen,
welche augenscheinlich ergiebt, daß die Positionen sub 1, 2 a bis e
sämmtlich gleiche rechtliche Geltung haben. Wenn nun die Sätze 1,
?a, b, d, e unbestritten ausschließlich exceptio, dann ist doch in der
That nicht abzusehen, weshalb denn Position c ein mixtum compositum
non exceptio und replicatio einschließen soll?
Auch die Autorität Förster's*) ist jetzt für die hier vertheidigte
Rechtsansicht geltend zu machen.
Die entgegengesetzte Ansicht freilich hat das Ober-Tribunal gegen
bas Appellationsgericht Breslau in dem Urtel vom 17. April 1868
sZtriethorst Bd. 71 S. 117 ff.) zur Geltung gebracht. M. A. n.
sind jedoch die Gründe des Ober-Tribunals durchgängig unerwiesene Be-
hauptungen, welche in dem Satze culminiren: „der Beweis der Nega-
tive, daß Klägerin früher von ihm (Verklagten) geschwängert sei, liegt
dem Verklagten nicht ob."
Diese Hervorhebung der Negative ist aber gewiß unerheblich;
denn es ist ganz unzweifelhaften Rechtes, daß die Parteien — abgesehen
von Präsumtionen — alle die Thatsachen, auf die ihr Anspruch sich
gründet, beweisen müssen, seien sie übrigens positive oder negative.
Also: der Thatbestand des § 9 c. a. a. O. ist Einrede. Es folgt,
daß ihn der Verklagte in seiner Totalität darthun muß.
Räumt der Verklagte die Vollziehung des Beischlafs in der Zeit
der Conception des ersten Kindes ein, und steht weiter fest, daß in
gleicher Frist mit der Geschwängerten andre Mannspersonen den Bei-
schlaf vollzogen haben, so wird die Vaterschaft ungewiß. Die Unge-
wißheit ist aber gleichgültig, weil sie nicht ausschließt, daß der Verklagte

*) Privatrecht Bd. III 1. Aufl. S. 564/65. Es ist jedoch petitio principii,
wenn als entscheidend für die Beweislast aufgestellt wird, daß der excipi-
rende Verklagte den ganzen Thatbestand der Einrede zu beweisen hat.
Darum grade dreht sich der Streit, ob die Behauptung ganz exceptio oder
Partiell replicatio.

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