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Literatur.
sonderes Frachtrecht geschaffen, welches in eingehender Weise die aus
diesen Transporten entspringenden privatrechtlichen Beziehungen ordnet.
Formell selbständig neben dem Eisenbahnfrachtrechte eines jeden einzelnen
Vereinsstaates bestehend, weicht dasselbe in seinen Bestimmungen doch nur
theilweise von dem besonderen Rechte der einzelnen Staaten ab. Ins-
besondere gilt dies von dem deutschen Frachtrechte der Eisenbahnen,
welches in dem Berner Uebereinkommen dergestalt Berücksichtigung ge-
funden hat, daß wir in demselben zum weitaus größten Theile die das
Frachtgeschäft betreffenden Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs und des
bisher in Geltung gewesenen Betriebsreglements für die Eisenbahnen
Deutschlands wiedererkennen. Die nunmehr an die Stelle des Letzteren
getretene Verkehrsordnung hat die Uebereinstimmung noch in weiterem
Umfange hergestellt. Gleichwohl würde man fehlgehen, wollte man hieraus
folgern, daß es für uns einer besonderen Erläuterung des Berner Ueber-
einkommens nicht bedürfe. Das Uebereinkommen konnte sich nicht auf die
Regelung des Frachtvertrags beschränken. Es mußten die Voraussetzungen
für die Anwendung dieses internationalen Rechts des Näheren bestimmt
und die Rechtsbeziehungen der an den internationalen Transporten be-
iheiligten Eisenbahnen untereinander, sowohl nach ihrer materiellen, wie
nach ihrer prozessualischen Seite geordnet werden. Das Uebereinkommen
hat daher zum großen Theile ein gänzlich neues Recht geschaffen. Aber
selbst da, wo im Wesentlichen Uebereinstimmung mit dem deutschen Fracht-
rechte besteht, ist die Bedeutung der in ihrem Wortlaute sich deckenden
Bestimmungen beider Rechte nicht durchweg dieselbe. Eine das Verstand
niß der einzelnen Bestimmungen des Berner Uebereinkommens erschließende
Bearbeitung wird daher durch entsprechende Bearbeitungen des deutschen
Frachtrechts keineswegs ersetzt, eine besondere Erläuterung des Ersteren
kann daher nicht entbehrt werden.
Zn dankenswerther Weise hat sich der Verfasser oben bezeichneier
Schrift der Aufgabe unterzogen, diesem Bedürfnisse zu entsprechen. Als
Mitglied der deutschen Delegation bei den Berner Konferenzen von Be-
ginn bis zum Schluffe betheiligt, war er wie kaum ein Anderer in der
Lage, die Bedeutung, welche nach der Auffassung der Redaktoren des
Uebereinkommens seinen Bestimmungen zukommen sollte, zu kennen, sowie
den gesummten zu ihrer Erläuterung dienenden Stoff zu übersehen und
zu diesem Zweck zu verwerthen, und er hat hiervon gewissenhaften Ge-
brauch gemacht. Gegenüber anderen Schriften, in welchen vielfach ab-
weichende Auffassungen einzelner Bestimmungen des Uebereinkommens
vertreten werden, sind die Anschauungen eines der Mitarbeiter an dem
Gesetze von ganz besonderem Werthe.
Zutreffend führt sich die Schrift in ihrem Titel als eine Erläuterung
in systematischer Darstellung ein. Indem sie die einzelnen Artikel des
Uebereinkommens in ihrer Reihenfolge erläutert, hat sie in der Haupt-
sache den Karakter des Kommentars. Für die Erläuterungen selbst ist
aber die Methode des Kommentars verlassen; der Inhalt der einzelnen
Artikel ist in systematischer Weise erörtert.
Der Verfasser schickt den Erläuterungen eine Einleitung voraus,